Wir können uns kaum vom schönen Campingplatz am Rio Tâmega lösen, doch die Zeit schreitet voran und der Heimweg wird auch nicht kürzer. Nach einer letzten Rundtour in der Gegend packen wir also die Koffer und fahren weiter gegen Norden. Über kleine Strassen schlängeln wir durch die Hügel und über eine noch Kleinere erreichen wir schliesslich wieder Galicien in Spanien. Bye bye Portugal.
In der Region Ourense waren wir schonmal, hatten hier eine Bootsfahrt auf dem Rio Sil gemacht, doch die Hauptsehenswürdigkeit hatten wir verpasst – die Gebäude der ehemaligen Psychiatrie… Verlassen in 2012 stehen hier zig alte und teils futuristische Gebäude und wir erkunden die Gänge und Hallen und finden es schade, dass so viel herausgerissen und zerstört wurde (sei es beim Verlassen oder vermutlich eher seither durch Vandalen etc).
Nun aber ab zum Zeltplatz, doch – dieser ist voll; und das unter der Woche! Nach einiger Zeit telefoniert die Rezeptionistin sogar für uns herum – alle 6 umliegenden Zeltplätze sind ebenfalls voll – zum ersten Mal trifft uns hier die Hauptreisezeit hart – Galicien ist insbesondere im August sehr voll. Zum Glück finden wir nach etlichem eigenen telefonieren noch eine sehr angenehme Casa Rural in der Nähe, direkt neben einem alten und grösstenteils zerfallenen Kloster und bereiten unser Nachtessen halt dort auf dem Gartentisch zu.
Weiter östlich zickzacken wir durch die Hügel, überqueren mehrmals den jüngeren Rio Sil und weil wir Ísabel von unsem schönen Hotel von der Hinreise bei Las Medulas nochmals besuchen wollen, zelten wir in der Nähe – denn auch hier ist im August alles auf Wochen hinaus ausgebucht; so machen wir immerhin zum Zmittag ab (was in der Schweiz zeitlich schon fast ein Zvieri wäre 😉 ). Schon auf dem Weg zum Camping sehen wir vor uns eine dunkle Rauchwolke und biegen aber kurz davor ab auf unseren Zeltplatz. Bald schon brummen die Löschhelikopter über uns, und wir fragen uns, ob das so eine gute Idee war. Glücklicherweise haben sie den Brand aber nach ein paar Stunden unter Kontrolle und wir können beruhigt schlafen.
Da wir genug Zeit haben, nehmen wir noch eine Extrarunde durch die Bergregion La Cabrera und geniessen die Ausblicke und einsamen Dörfer. Schliesslich geniessen wir ein feines Mittagessen im Hotel (welches ab 14 Uhr serviert wird) und nach so einigem Schwatzen fahren wir noch immer satt zurück zum Zelt – einen Znacht braucht es heute auch nicht… Wir haben es nicht pressant, das neue Lenkkopflager in Bilbao wartet erst in einigen Tagen, so fahren wir durch den Parque Natural de Somiedo auf kleinen Strassen weiter gen Osten und kreuzen ab und an unsere Spur vom Hinweg.
Unverhofft bremst Matti stark – ein alter Schachtaufzug einer Mine weckt sein Interesse und flugs stehen wir in der ausgeräumten Maschinenhalle des Pozo Herrera N°2 in Sotillos de Sabero und besichtigen die alten Gebäude einer der grössten Untertage-Kohleminen Spaniens. Wenig darauf ein zweiter Schacht; während ersterer für die Förderung des Materials zuständig war, wurde dieser für die Belegschaft gebraucht. Hier steht noch die alte Seilwinde im Maschinenhaus und vom besteigbaren Turm hat man eine herrliche Weitsicht. Kulturprogramm abgehakt.
Oder doch noch nicht ganz. Gleich hinter dem Ebro Stausee fahren wir zur Pyramide von Gizeh.. äh Pirámide de los italianos. Ein Mausoleum für die italienischen Soldaten, die für Diktator Franco während dem spanischen Bürgerkrieg im Kampf um Santander gefallen waren. Die Überreste von 372 Soldaten waren hier einst begraben. Schon 1975 wurden diese aber nach Italien überführt und das Mausoleum ergibt seither eine schaurig schöne Kulisse.
Über die Asturische Schweiz (der Name hat auf dem Hinweg ein Velofahrer vorgeschlagen für die Berge rund um Vega de Pas) fahren wir im Zickzack weiter bis nach Bilbao. Auch hier, um 17h kein Anzeichen von Stau und unser Hotel ist bald gefunden. Die Töffs in der Garage versteckt und schon geniessen wir die Aussicht vom 8ten Stock über die ganze Altstadt. Doch wir sind nicht zum städtern hier – endlich bekommt Mattis Tiger sein langersehntes neues Lenkkopflager und Barbaras AfricaTwin den wohlverdienten Service während wir rund um das Guggenheim Museum und quer durch die Stadt wandern. Da das lokale verlassene Spital leider von Securitas einem Dobermann beschützt wird (vor was auch immer), beschliessen wir den Wachhund ausnahmsweise nicht zu streicheln und suchen andere Beschäftigungen…
Was in einem Grossteil Spaniens die Tapas, sind hier die Pinczos. Kleine Häppchen mit Käse, Fleisch, Fisch und anderem, die mit einem Zahnstocher zusammengehalten werden. Dank riesiger Auswahl ergibt das auch locker einen ganzen Znacht. Doch irgendwas muss Barbara nicht gut bekommen haben, so suchen wir am nächsten Tag schon nach einer Stunde nach einer neuen Unterkunft (rate wieviele Anrufe das brauchte…). Wir finden ein schönes Casa Rural und sie kann sich schliesslich hinlegen und erholen und Matti hat endlich Zeit, sein spanisches Buch fertig zu lesen.
Mit noch etwas flauem Gefühl im Magen kanns aber am nächsten Tag weiter gehen. Wir wollen noch so einige Pyrenäenpässe machen und wechseln einige Male zwischen Frankreich und Spanien hin und her. Mit jedem Übergang werden die Berge höher und imposanter und wir stocken unser Kulturprogramm gehörig auf.
Wir beginnen mit der Ruine der ehemaligen Munitionsfabrik Real Fábrica de Armas de Orbaizeta. Hier kriegen wir zwar nasse Füsse, doch lohnt sich insbesondere der Anblick des alten Wasserkanals der mitten durch die Fabrik lief und für verschiedenste Zwecke gebraucht wurde.
Auch das seit Jahrzehnte (fast) verlassene Dorf Escó am Yesa-Stausee soll nicht fehlen, wo praktisch nur noch die Kirche (halbwegs) steht und auch die nahe, vom Stausee verschluckte, Therme Balneario de Tiermas ist jetzt dank tieferem Wasserstand sichtbar. Hier sprudelt das Wasser noch immer mit um die 39° nun direkt in den See, was viele Badegäste anzieht.
Auf der französischen Seite der Pyrenäen folgt schliesslich der kurzfristig organisierte Besuch der Grotte de La Verna, welche zwar mit kaum Tropfsteinen auftrumpfen kann, dafür mit einem der grössten unterirdischen Hohlräume der Welt. Leider kommt die Grösse dieser riesigen Halle mit einem Durchmesser von 250m und einer Höhe von 194m nicht wirklich gut hinüber, ist die Beleuchtung doch eher suboptimal und lässt fast keine Tiefenwahrnehmung zu. Die aufgestellten gelben Puppen lassen immerhin die Grösse etwas erahnen.
Einige Pässe später, die jetzt richtig gebirgig sind und wunderschöne Ausblicke geben, wollen wir die ehemalige Bahnstation Canfranc-Estación besichtigen, gelegen an einer ehemals sehr wichtigen Zugsstrecke die hier via Tunnel nach Frankreich weiter ging (heute aber hier bei einem neuen Bahnhof nebenan endet). Wir finden dann aber heraus, dass diese gerade zu einem Hotel umgebaut wird. Schade um den damit nicht möglichen Besuch, aber schön, dass hier die alte Bausubstanz erhalten werden kann! Etwas abgelegen davon und deutlich unbekannter dann aber das Highlight: Das alte Zugdepot steht noch in seinem verblichenen Glanz; komplett mit Drehscheibe und voll von alten Schlafwagen – wie immer leider von Vandalen teils übel zugerichtet aber trotzdem sehr imposant.
Über immer höhere Pässe fahren wir hin und her, geniessen mal grosse und mal ganz kleine Strassen und einmal tun das wohl auch die Kühe und blockieren eine ganze Strasse. Für uns als Töfffahrer ist immerhin an ein vorsichtiges Durchkommen zu denken – die Autofahrer mussten wohl ihre Reservation fürs Abendessen um eine Stunde nach hinten schieben…
Wir verlassen nun Spanien zum letzten Mal und machen den nächsten Halt im Eagles Donjon in Beaucens (F). Hier kommen wir in den Genuss einer längerer Vorführung mit verschiedenen Raub- und anderen Vögeln. Über uns kreisen Milane, Adler, Geier, Kondore und Papageie. Sehr schön inszeniert und doch leben hier (wie auch sonst meistens) die meisten Vögel zwischen den Shows auf recht engem Raum und ohne grosse Flugmöglichkeiten…
Der nächste Tag startet mit blauem Himmel, aber noch bevor unsere Töffs startklar sind, ist der Himmel bereits tief verhangen und es wird immer düsterer. Schnell weg hier, doch unser grauer Verfolger hat dieselbe Richtung. Auf dem Col du Tourmalet nieselt es bereits und vor uns sieht es von Minute zu Minute schlechter aus. Schnell brechen wir den Plan für einen weiteren Pass ab und flitzen in die französische Ebene, möglichst weg vom Regen. Bis am Abend sind wir bereits am Fluss Aveyron und zelten direkt am Ufer des ruhigen Flusses. Dieser lässt sich auf der Strasse eine Weile verfolgen und insbesondere auf der alten Strasse ergeben sich auch wunderschöne Ausblicke.
Auch der weiter nördlich gelegene Fluss Lot schlängelt sich idyllisch durch die Landschaft. Weniger idyllisch sind die bereits bekannten Wolken, die die Verfolgung noch nicht aufgegeben haben. Der Radar verheisst nichts Gutes, die ersten Tropfen fallen schon – also wiedermal das Regenkombi hervorgekramt.
Darauf hat das Wetter gewartet. Kaum losgefahren verzieht es sich in interessantere Ecken und wir kochen vor uns hin und sind froh, dann irgendwann unser altbekanntes Laguiole zu erreichen, bekannt für seine Messer mit der typischen Fliege/Biene am Klingenansatz. Hier nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die Werkstätten zu besuchen und den Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen. Denn nicht alle der so typischen Messer kommen tatsächlich von hier. Da sich der Name nicht schützen lässt, kann auch jeder chinesische Billiganbieter ‚Laguiole‘ auf seine Messer schreiben.
Gestärkt mit Messern und dem hier typischen Aligot (eine Art Kartoffelstock mit geschmolzenem, eingerührtem Tomme-Käse) vertreiben wir die Wolken und fahren zur genial-schönen Gorges du Tarn, eine tief eingeschnittene Schlucht; mal mit Steilwänden und mal mit sanfteren Waldhängen, in der Mitte tiefblaues Wasser voll von Fischen – ein Paradies. Viel zu lange bädeln wir bei einer Kiesbank – unser Tagesziel ist längst ausser Reichweite und am Ende der Schlucht wartet hinterlistig der Regen auf uns. Kurz was eingekauft und sofort wieder zurück – zum Glück gibts hier gefühlt alle 2km einen Campingplatz am Fluss. Im Sommer wohl voll, jetzt in der Nachsaison hat sich genau noch ein weiteres Gefährt auf dem Gelände eingefunden. Die Gegend merken wir uns (erneut) mal für spezifischere Ferien – aber nur ausserhalb der Hochsaison.
Der Regen hat sich verkalkuliert durch unseren Hasensprung und tobt sich woanders aus, doch nun müssen wir Weg machen. Erneut wollen wir unsere Spur kreuzen und sind rechtzeitig zu einem riesigen Teller feinen Ravioles wieder einmal in Pont-en-Royans. Am nächsten Tag der Pflichthalt: Aus dem frisch geleerten Topcase von Matti improvisieren wir einen Kühlschrank und füllen diesen bis unters Dach mit Ravioles. Von hier geht es über viele kleine Strassen schliesslich nach Genf zu Mattis Gotte Mariette und Agrippino, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Schön wieder einmal hier zu sein, doch an den Verkehr in der Schweiz sind wir nicht mehr gewohnt. Waren die Strassen in den Pyrenäen stets fast leer, kommen wir hier vor lauter Autos und Lichtsignalen kaum mehr voran.
Also noch einen letzten Abstecher nach Savoyen um dann via den Pas de Morgins ins Unterwallis zu stechen und via Col des Mosses ins Berner Oberland zu gelangen. Am Ende des Tages werden wir von Anita, Urs und Leni herzlich in Noflen BE willkommen geheissen und wir geniessen unseren letzten Abend gemeinsam in wunderschöner Atmosphäre.
Den letzten Tag beginnen wir mit dem Schallenberg und biegen kurz darauf rechts ab – ein Kämmeriboden-Merengue soll unsere Henkersmahlzeit sein, denn wenige Stunden später rollen wir nachdenklich in Embrach ein. Noch können wir es gar nicht glauben, dass diese kurzen drei Monate schon vorbei sein sollen.
Ein grosser Vorteil bleibt aber: Endlich wieder ein bequemes Bett…
Fazit
Der Haupttitel der Reise ‚Reise ins Kein-Corona-Land‘ inspirierte uns zu einem Fazit. Denn war es wirklich eine Reise in ein Land ohne Corona? Strenggenommen nein, jedoch für uns durchwegs ja; weil wir mit den Motrorrädern und Zelt sehr unabhänging unterwegs waren und viele Massnahmen uns nur wenig betrafen. Selbstverständlich wurden wir an die aktuelle Situation erinnert, wenn wir in den Einkaufsläden eine Maske tragen mussten oder (in Portugal und Frankreich) auf dem Zeltplatz, Hotel oder Restaurant den Covid-Pass vorzeigen mussten. Etwas mühsam wurde es, wenn man die Maske bei 40°C tragen muss und sich dabei auch noch anstrengt. Aber wir waren erfreut und erstaunt, wie alle Leute die Maske trugen ohne wenn und aber. Da gabs keine Diskussionen, man machte es einfach, es gehörte dazu. Selbst beim wandern hatten die meisten Leute jederzeit eine bereit und wenn man sich kreuzte zog man sich die Maske ganz selbstverständlich über die Nase.
Hallo Zusammen, Willkommen zurück und hoffentlich bis bald mal wieder am See 😉
Hallo Mati und Barbara
Schön seit ihr wieder zuhause ( oder von eurer Sicht, auch nicht) War eine super Reise. Habe alles intensiv gelesen und verfolgt. Super Bilder.
wie immer,
guter Start in den Alltag.
Brigitte
Willkommen zurück! Tolle Fotos, vielen Dank fürs zeigen!
Liebe Barbara, lieber Matti
toll erlebt ihr solche Auszeiten und etwas wehmütig denke ich zurück an meine Ténéré, die ich letztes Jahr verkauft habe.
Bienvenido en Suiza.
Birgit
Willkommen zurück und danke für die tollen Einblicke!!
Umarmung Jeannine
Liebe Barbara und Matti
Herzlichen Dank für eure spannenden und sehr interessanten Berichte.
Beim Lesen bin ich immer wie auf dem Sozius Sitz mit dabei.
Willkommen zurück in der engen Schweiz.
Herzlich, Peter Bolliger
Herrlich – auch der letzte Bericht!
Ich freue mich auf neue Abenteuer und grüsse herzlich vom Neusiedlersee – von meine 2W Austria- Ferien im Mini Cooper Cabrio