Es regnet. Zumindest hier in der Schweiz. So fällt die Entscheidung nicht schwer, eine Ecke ohne übermässig erhöhte Luftfeuchtigkeit zu suchen. Die Entscheidung fällt auf eine uns bisher komplett unbekannte Region Italiens: Umbrien und die Abruzzen. Diese befinden sich entlang des Apennins, also der hügelig-bergigen Region ungefähr entlang der Mitte des Stiefels.
Doch erst müssen wir den Wassermassen entfliehen, die zum Glück gerade Kaffeepause machen, sodass wir erstmal ins Unterengadin fliehen und für eine Nacht bei einer Freundin Unterschlupf finden. Frisch gestärkt starten wir am nächsten Morgen bei Sonnenschein nach Italien; doch schon im Val Taleggio holen uns die Wolken ein und wir sind froh, endlich im Hotel nahe Clusone anzukommen. Dort wollen wir zwei Tage verbringen, Verwandte von Barbara besuchen und – wie soll’s anders sein – ein paar Ruinen anschauen. Von diesen gibt so einige in der Gegend, doch die Zeit ist zu kurz, um sie alle zu sehen. Wir konzentrieren uns auf eine ehemalige Flotationsanlage eines Bergwerks und ein früheres Ferienheim für Kinder und werden auch von den Verwandten herzlich bewirtet.
Nun aber fertig Regen, die Poebene soll es richten und tatsächlich ist es beim Ossario von San Martino schon wieder fast zu heiss, um die über 1200 Schädel und Gebeine gefallener Soldaten aus einer äusserst verlustreichen Schlacht von 1859 zu bestaunen, die hier fein säuberlich aufgeschichtet sind. Die Autobahn führt uns schliesslich weiter in die etwas kühleren Hügel der Toskana. Wir passen uns langsam an die Gepflogenheiten an; doch während wir mit verhaltenen 90km/h über die mit 30 signalisierten Strassen düsen, werden wir als grauenhafte Verkehrshindernisse mit 120km/h überholt. Aus uns unerfindlichen Gründen sind die meisten kleinen Strassen ausserorts hier pauschal mit 30 oder 50 angeschrieben, was aber grundsätzlich niemanden interessiert (inklusive die Polizei) und damit völlig sinnlos ist (das Beste war eine Bergstrasse, die relativ neu mit 30 signalisiert war, und gleich darauf noch das alte „bei Nebel 50km/h“ Schild folgte – zum Glück waren unsere Visiere etwas beschlagen…).
Ein paar ‚Schlamm-Geysire‘ später (die bei unserem Besuch nur friedlich vor sich hin blubberten), fahren wir im zickzack durch die toskanischen Berge im Landesinnern und zur Abkühlung kommt der ehemalige Kühlturm eines aufgegebenen Wärmekraftwerks grad richtig; auch dessen schattige Steuerzentrale bot einen höchst willkommenen Anblick und Einblick in vergangene Zeiten. Ganz anders bei Bagni San Filippo. Hier wärmen wir uns im warmen Thermalwasser des hiesigen Baches in freier Natur wieder auf. Hier wird sehr kalk- und schwefelreiches, warmes Wasser über riesige Sinterfälle geleitet; so kann man in einer Sinterterrasse oder dem Bach in Ruhe bädelen, ganz ohne künstliche Pools, Eintrittsgelder oder grossem Kommerz.
Nun soll es aber endlich weiter Richtung Umbrien gehen, auf dem Weg aber müssen wir unbedingt wie damals in Portugal einen ‚inversen Turm‘ besichtigen in Orvieto. Ein fast 60m tiefer Brunnen wurde hier im weichen Fels gegraben; aussen herum mit zwei separaten, übereinander liegenden Wendeltreppen (wie eine Doppelhelix). So konnte man mit Maultieren die eine Treppe runter zum Wasser und ohne kreuzen zu müssen die andere Treppe wieder hoch.
Weiter über etruskische Altäre, verlassene (und minimal neuere) Villen, im Schlamm versinkende alte Kirchen nach Osten und endlich wird die Landschaft bergiger, schöner und einsamer und wir erreichen Umbrien. An einem idyllischen Stausee finden wir ein Plätzchen für die Nacht fast für uns allein und wir geniessen das ausgiebige Bad im angenehm kühlen See. Endlich haben wir schliesslich die Abruzzen erreicht, die grossen Agrarlandschaften Umbriens weichen bergigen Gegenden mit ausgedehnten offenen Weiden; überall wird vor Bären gewarnt, von denen wir aber leider keine zu Gesicht bekommen.
Im Herzen der Abruzzen schlagen wir unser Zelt auf und erkunden die Gegend auf abgelegenen Strassen und kleinen Pässen. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir am ersten Ausflugstag wieder unser Lager, danach entlädt sich ein paar Stunden lang ein ausgiebiges Gewitter, nur um uns am nächsten Morgen wieder mit dem blausten Himmel zu wecken. Auch ein riesiges Bitumenbergwerk zieht uns in den Bann, wir haben gar nicht genug Zeit, annähernd alles zu erkunden und auch der nahe Bach lädt mit seinem privaten Wasserfall zu einem Schwumm ein.
Weit sind wir vorgedrungen, südlicher als Rom schon sind wir, doch die Zeit ist begrenzt und der Rückweg weit. So schlängeln wir uns langsam wieder Richtung Norden durch die verschiedenen Nationalparks und werden in der Gegend um L’Aquila auch immer noch den Zerstörungen des grossen Erdbebens von 2009 gewahr. Noch immer sind halbe Dörfer nur noch ein Schutthaufen und viele Häuser notdürftig mit Stahlseilen und Schienen gesichert. Nur langsam läuft die italienische Maschinerie an, Barackensiedlungen sind noch immer kein seltener Anblick. Umso mehr wird auch weiter nördlich, in Castelluccio (welches 2016 von einem Erdbeben fast völlig zerstört wurde) versucht, wieder Touristen in die zerstörten Gegenden zu locken, mit einigem Erfolg wie wir merken. So wurden riesige Mohn- und Blumenfelder angepflanzt in der Ebene unten dran und damit auch busweise Touristen angelockt.
Weiter zickzacken wir nun durch die grünen Hügel von Umbrien, welche zwar viele schöne Strassen hervorbringen, aber selten schöne Ausblicke durch das dichte Grün zulassen und finden uns einige Tage später schon wieder jenseits der Poebene am Gardasee. Eine letzte spezielle Strasse wollen wir uns gönnen: die alte Militärstrasse vom Idrosee zum Passo Maniva und weiter auf der Kammstrasse zum Passo Croce Domini. Der Verkehrsfunk im GPS und das halbe Internet meldet letztere Etappe als geschlossen, die Realität ist, dass erstere Strasse eigentlich geschlossen war. Mit italienischer Entschlossenheit aber stellen wir bald fest, dass das Gitter umfahrbar ist und das Fahrverbot wohl mehr einer Willensbekundigung, dass früher oder später mal etwas gebaut werden könnte, gleichkommt. Das schmale Strässchen erfordert die gesamte Aufmerksamkeit, doch nach etlichen Kilometern folgt eine wunderschöne, in den Fels gehauene Strasse mit genialsten Ausblicken und wenig Randsicherung. Auch die nach vielen Quellen noch geschlossene (aber dennoch offiziell offene) Kammstrasse zum Croce Domini eröffnet schöne Aussichten und einige Kilometer Schotterpiste. Ein zeitaufwändiger aber wunderschöner, lohnender Umweg.
Ein letztes Mal übernachten wir, diesmal auf 2300m auf dem Berninapass und wir müssen uns wieder umgewöhnen. Plötzlich haben die farbigen Tafeln am Fahrbahnrand und die lustigen Striche in der Mitte der Strasse wieder eine definierbare Bedeutung und dienen nicht nur der allgemeinen Erheiterung und als Orientierungshilfe… Grad noch vor dem Regen rollen wir schliesslich wieder zu Hause vor die Garage. 3800km Kurven, schöne Aussichten, Wälder und schöne Erinnerungen werden uns hoffentlich noch lange bleiben.
Nun endlich gehts nach Wales. Plötzlich wird es warm. Die Nächte werden plötzlich sehr angenehm mild (der Schlafsack fungiert nur noch als Decke) und tagsüber schwitzen wir bei 24°C oder mehr vor uns hin. Wer hatte die geniale Idee, die warmen, wasserdichten Töffsachen mitzunehmen? Von Regen nach wie vor keine Spur; im Gegenteil, die Wiesen sind immer häufiger bräunlich und der Boden total ausgetrocknet.
Eine alte Kirche erregt unsere Aufmerksamkeit. Was bei uns fast nicht vorstellbar ist, ist hier fast schon normal. Es gibt viele verlassene Kirchen und Kapellen, wovon einige dann an Private verkauft und z.B. zum Wohnhaus umgebaut werden; andere gammeln vor sich hin bis sie zerfallen. Genau eine solche finden wir und mit etwas Kreativität stehen wir bald im alten Kirchenschiff. Zwar ist dieses komplett ausgeräumt, aber die Stimmung ist trotzdem sehr eindrucksvoll.
Wales ist aber auch noch für etwas anderes bekannt: Bergwerke. Matti ist im Element und Barbara wird vom Enthusiasmus auch mitgerissen und schon finden wir uns auf der Suche nach alten Löchern. Ausgestattet mit Zehenschuhen sind auch nasse Passagen kein Problem, wo man mit Stiefel schon Mühe hätte. So erkunden wir so einige alte Minen und bestaunen die rostigen und modrigen Hinterlassenschaften darin. Schliesslich finden wir endlich, und zum ersten Mal im Vereinigten Königreich, auch einen Platz für unser Zelt direkt auf einem ebenen Fundament der Verarbeitungsanlage.
Allgemein ist sonst jeder einzelne Strässchen in England mit einem Tor und Vorhängeschloss verschlossen, man kriegt das Gefühl, dass das komplette England ausser den Hauptstrassen eigentlich Privatgelände sei. Unter uns entwickelt sich der Spruch „Attention, CCTV in operation“ („Achtung Kameras“) fast schon zum Gassenhauer, so oft lesen wir ihn. Kaum ein Tor ohne solches Schild und auch bei jedem zweiten Kreisel oder Kreuzung steht eine Kamera. Der Vorteil ist wohl, das wenn wir vergessen, wo wir durchgefahren sind, wir das wohl einfach beim Staat erfragen können; der hat nun wohl jedes Abbiegen von uns gesehen…?! Auch im Zäune bauen sind sie wohl Weltmeister. Wir sind erstaunt, was alles eingezäunt sein ‚muss‘ und auch Stacheldraht kommt nicht zu kurz. Vor allem Ruinen werden grosszügig abgesperrt – wehe jemand könnte sich den Kopf an einem zerfallenden Mäuerchen anstossen…
Ein absolutes Highlight stellen auch zwei folgende Bergwerke: Im Ersteren drinnen steht noch ein weitgehend erhaltenes, hölzernes Wasserrad drin. Dieses wurde vom ablaufenden Wasser der höheren Niveaus angetrieben und betrieb selbst wiederum eine Pumpe um den etwa 60m tiefen Schacht weiter hinunter leer zu pumpen. Selten nur sind solche Holzkonstrukte noch in einem so guten Zustand. Auch in einer Schiefergrube etwas weiter gibt es etwas spannendes zu bestaunen: Hier wurden Experimente mit einer frühen Version einer Art dampfbetriebenen Tunnelbohrmaschine (oder eher eine Art grosser Kernbohrer) gemacht, welche zwei sich überschneidende, je etwa 2m grosse Löcher in den Berg gefressen hat. Diese schon um 1860 erfundene Maschine war zwar noch nicht besonders erfolgreich, doch schon bald darauf entstanden anderswo erste ‚echte‘ Tunnelbohrmaschinen; so wurde z.B. um 1881 auch ein erster Versuch unternommen, ein Tunnel unter dem Ärmelkanal zu bohren, wovon auch gut 3km tatsächlich gebohrt wurden bevor das Projekte wegen (militärischen) Sicherheitsbedenken der Engländer aufgegeben wurde.
Auf der Suche nach einer Unterkunft für einige Tage, möglichst zentral in Nordwales, werden wir fündig in einer ehemaligen, grossen Kapelle (natürlich ursprünglich erbaut für die Bergleute der nahen Mine). Nur gerade die Frontseite entspricht noch der ursprünglichen Kapelle, der Rest ist zu einem mehrstöckigen Haus umgebaut, wo wir ein Privatzimmer beziehen. In Nordwales gibt es einige gigantisch grossen Schieferabbaugebiete, so bei Blaenau Ffestiniog und Llanberis. Zu letzterem zieht es uns nun hin und wir tauschen die Töffstiefel gegen unsere bewährten Zehenschuhe und wandern stundenlang durch die komplett umgekrempelte Landschaft. Hoch türmen sich die Plateaus, verbunden durch endlose Treppen und Schrägaufzüge. Etliche Gebäude stehen noch und (natürlich) in der hintersten Ecke steht das Interessanteste: In einer ehemaligen Halle stehen über 20 Kreissägetische in Reih und Glied und rosten vor sich hin. Hier wurden die Schieferblöcke zugeschnitten, die danach gespalten wurden um die fertigen Schieferplatten zu erhalten.
Schon in der Bronzezeit war Wales ebenfalls durchlöchert worden. Ein solches Bergwerk kann heute bei Llandudno besichtigt werden. Hier wurde vor langer Zeit Kupfer abgebaut mit einfachsten Mitteln; etliche wieder ausgegrabene Stollen sind heute als Museum frei begehbar. Und auch noch viel ältere Bauwerke gibt es: Ein schöner Grabhügel aus der Jungsteinzeit (‚Bryn Celli Ddu‘) zeigt sehr eindrücklich, wie es hier mal ausgesehen haben muss: Grosse Steinplatten wurden aufgestellt und mit mehreren grossen Platten zugedeckt. Danach wurde Erde aufgeschüttet bis ein Hügel entstand, worin dann die Grabkammer war. An vielen Orten sieht man nur noch ein paar der Steine (die Erosion hat an vielen Orten das meiste Hügelmaterial längst abgetragen), doch hier ist noch gut zu sehen, wie es wohl mal ungefähr ausgesehen hatte.
Die Zeit vergeht wie im Flug und bald schon treffen wir unsere Freunde von unserem Töffclub Triumph Tiger Club Schweiz um das Werksgelände von Triumph zu besichtigen. Zuerst aber geht es zu Jules Verne. In einer abgelegenen Ecke am Rande von Wales gibt es eine Serie von Schiefergruben. Ein paar Tagebauten sind unterirdisch erweitert und miteinander verbunden. Der ehemalige Drucklufttank im Eingangsbereich erinnert stark an das Gefährt, das wohl für die Reise zum Mittelpunkt der Erde benutzt worden wäre.
Auffallend häufig stehen insbesondere auf Friedhöfen teils mehrere tausend Jahre alte Eiben. Diese riesigen Bäume mit enorm grossem Stammumfang sind inzwischen zum Teil hohl und haben sich zu verschlungenen Gebilden entwickelt. Von einzelnen Bäumen bis hin zu ringförmig angeordneten Baumgruppen gibt es alles. Schon in vorchristlicher Zeit galten die Eiben als heilig, als Baum der Ewigkeit. Später wurden dann oft Kirchen auf diesen Kultplätzen gebaut und die Eiben wohl damit vor der Abholzung geschützt. Nach der Kapelle kommt die Kirche. Wir nutzen die Gelegenheit und machen ‚Champing‘. Da viele Kirchengemeinden in Geldnot sind, sind sie kreativ geworden und bieten ihre Kirchen an für Übernachtungen. Häufig sind diese Kirchen nicht mehr geweiht, aber in Claverley hat man sich entschlossen, sich den Interessierten zu öffnen und eine Schlafgelegenheit für die Nacht anzubieten. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte der Kirche, die sogar ein Taufbecken aus dem 6. Jahrhundert und Wandmalereien aus dem 12. Jahrhundert aufweist, haben wir die gesamte Kirche für eine Nacht für uns. Luxus sucht man vergeblich: Ausser einer Toilette und einer Küchenecke (ohne Kochmöglichkeit) und zwei Feldbetten gibt es nichts, dafür aber dürfen wir frei die Kirche erkunden, auf dem Klavier und der Orgel nach Herzenslust spielen (was Matti auch gerne nutzt) um schliesslich in wohl einer der speziellsten Umgebungen einzuschlafen.
Nun gehts unter die Leute. Insgesamt 19 Personen finden sich schliesslich beim Hotel in Hinckley ein um am nächsten Tag gemeinsam die gigantische Distanz von 2km zum Werk von Triumph zurückzulegen (wohl die kürzeste Clubausfahrt je). Dort werden wir schon erwartet und werden schliesslich kompetent durch die Fabrik geführt. Wir sehen riesige Hochregallager von fertigen Töffs oder Einzelteilen, dürfen zusehen wie Teile gespritzt werden, Töffs zusammengebaut und am Ende getestet werden. Über die Hälfte der Angstellten hier ist zuständig für Entwicklung von neuen Modellen, Modellpflege und Forschung, während die andere Hälfte aktuell nur die Modellreihe der Tigers hier fertigt. Das Ziel ist aber, bis Ende Jahr alle Triumphs für den europäischen Markt hier in Hinckley zusammenzubauen (aktuell werden viele noch in Indien oder Thailand produziert). Wir staunen auch, wie nahe wir bei der Führung an die Produktionsstätten kommen, wir können den Mechanikern problemlos die nächste Schraube reichen… Auch sonst hier vieles noch Handarbeit, es gibt nur wenige vollautomatisierte Prozesse. Auch ist es der einzige Töffhersteller, der immer noch in Familienhänden ist.
Von hier geht nun bereits jeder vom Club wieder seinen eigenen Weg. Die einen verweilen noch einige Zeit in Grossbritannien oder Schottland, andere fahren auf dem direktesten Weg wieder nach Hause und wir sind irgendwo dazwischen. Noch eine Woche bleibt uns, um den weiten Weg zurück in die Schweiz zurückzulegen. Zum ersten Mal ist nun ein Museum angesagt: Im Bletchley Park nordwestlich von London wurde damals im zweiten Weltkrieg die ‚Verschlüsselungsmaschine‘ Enigma des Deutschen Militärs geknackt. Dies war eine riesige Arbeit und zeitweise arbeiteten etwa 10’000 Personen dort um die regelmässig ändernden Schlüssel wieder und wieder zu knacken.
Noch eine letzte Nacht verbringen wir auf einem wunderschönen Campingplatz, wo jeder Platz eine kleine Lichtung zwischen Bäumen ist. Im Gespräch mit der Besitzerin werden wir in unserer Auffassung bestätigt: In Grossbritannien gibt es so gut wie keine Katzen, dafür hat es gefühlt mehr Hunde als Menschen. Campingplätze werben mit ‚hundefreundlich‘ und Rezensionen von Restaurants und Hotels sind voll von Kommentaren, wie willkommen (oder nicht) dort Hunde sind. Oder wie es die Campingplatzbesitzerin sagte: „Yes, we’re a dog nation. But I love cats.“ – wir fühlen uns ihr gleich sehr verbunden, wartet doch unser Fellknäuel zu Hause sehnsüchtig auf uns.
In nun etwas schnelleren Etappen huschen wir über den Ärmelkanal und schon bald sind wir in Belgien. Wir geniessen die Kurven und über Luxemburg und den pfälzischen Wald gehts wieder ins Elsass. Unterwegs nehmen wir noch ein paar ‚lost places‘ mit (verlassene Orte). Spannend, welche Gebäude hier einfach rumstehen. Sei es ein ehemaliges Hotel, eine Militärkaserne oder auch ein altes Bauernhaus. Jeder Ort hat seinen eigenen, speziellen Charme. So landen wir nach 3 1/2 Wochen und ziemlich genau 5000km Fahrt wieder in der heissen Schweiz wo unsere luftigen Sommerjacken auf uns gewartet hätten – sie hätten das Reisen deutlich angenehmer gemacht, denn Regen haben wir tagsüber in all dieser Zeit kein einziges Mal gesehen und auch kalt war es nur für einige wenige Tage zu Beginn der Reise.
Schon vor 3 Jahren wäre eine grössere Tour nach Grossbritannien fällig gewesen. Einerseits wollten wir während 3 Monate alle Ecken auskundschaften und andererseits hatte ich damals eine Triumph-Werksbesichtigung in Hinckley organisiert, wo unsere Töffs herkommen. Aus inzwischen nicht mehr ganz überraschende Gründen mussten wir beides leider – mehrfach – verschieben. Für die Werksbesichtigung war aber im 2023 nun endlich eine Durchführung fix geplant, doch der Luxus der 3 Monate Ferien war grad nicht zur Hand. So beschliessen wir, einfach einen Teil abzufahren: Südengland und insbesondere Cornwall und Wales.
Endlich sind die Koffer gepackt für 3 1/2 Wochen mit warmer Kleidung für das kalte und nasse England. Doch in der Schweiz zumindest ist es warm. Heiss eher sogar für Ende Mai. Auf kühlere Temperaturen hoffend, fahren wir schwitzend los und verlieren uns im schönen Elsass. Doch wollten wir ja eigentlich nach England, so schön es hier ist, also düsen wir weiter über die Vogesen, streifen Luxemburg und schwitzen in den belgischen Ardennen weiter hinter den Kolonnen von Wohnmobilen. Bald schon wirds sicherlich kühler in England. Je näher wir zu Calais kommen, desto mehr werden die zwei Weltkriege präsent in Form von vielen Denkmälern und Soldatenfriedhöfen. Schnell eine Fähre gebucht (die fast leer war und wir die einzigen Töffs) und schon kommen wir auf der falschen Seite der Strasse an. Linksfahren ist angesagt. Ganz einfach, solange man in einer Kolonne fährt; sobald man aber alleine ist, braucht es ganz schön Konzentration; vor allem bei den Kreuzungen.
Endlich ists kühl. Plötzlich brauchen wir das dicke Jackenfutter und es geht ein ziemlich starker, kühler Wind. In Südostengland herrscht auch viel Verkehr. Auch auf den engsten Nebenstrassen (die stets von hohen Büschen bis unmittelbar an den Fahrbahnrand bewachsen sind) kommen einem Doppelstockbusse und Lastwagen in höchstem Tempo entgegen. Dann noch all die heftigen Schlaglöcher umfahren und versuchen, mit fast 100km/h mit dem Verkehr mitzuschwimmen. Doch ab hier nehmen wir es etwas gemütlicher und gehen erstmal Totenköpfe bestaunen. In der Krypta einer Kirche sind die Knochen von etwa 3000 Menschen aufgestapelt, deren Gräber wohl mal einer Erweiterung der Gebäude weichen mussten. Sehr eindrücklich und fast schon privat wird uns dort von einer freiwilligen Helferin die Geschichte erklärt.
Auch die imposanten Ruinen zweier Kloster besuchen wir und eine Ruine eines Lusttürmchens (‚Folly‘) weckt ‚urban exploring‘ Gefühle. Die Nacht verbringen wir auf einem eigentlich geschlossenen Campingplatz wo sie uns extra einen Zeltplatz auf der hohen Wiese mähen. Der Sonnenuntergang ist gewaltig, der Wind auch. Um die 10°C erwarten uns in der Nacht und plötzlich sind wir froh, die warmen Schlafsäcke mitgenommen zu haben.
Unser Navi wird immer kreativer bei der Wahl einer ‚kurvenreichen Strecke‘. Hier in England heisst dies, dass es einfach die kleinsten Strässchen aussucht, die es findet und auf denen man höchstens 30 km/h fahren kann. Selbst eine Wasserdurchfahrt überrascht uns plötzlich; hier ganz normal… Das Dartmoor ist unser nächstes Ziel. Dies ist ein grosser Nationalpark, der mit seiner Schönheit und Einsamkeit besticht. Bäume sucht man hier so gut wie vergeblich, es gibt dafür Moore und karge Hügel und viele Schafe. Schon in vorgeschichtlicher Zeit war diese Region bewohnt. Wir besuchen daher eine alte bronzezeitliche Siedlung auf einem Hügel wo die Grundmauern etlicher Rundhäuser und die zusammengefallene Schutzmauer noch immer dem Wetter trotzen. Auch Steinkreise und lange Steinreihen aus der Steinzeit prägen die Landschaft und geben den Geschichtskundlern noch immer grosse Rätsel auf.
Von hier ist es nur noch ein Katzensprung bis nach Cornwall. Wir bleiben 3 Nächte auf einem eigentlich schönen, grünen Zeltplatz. Nur haben die Engländer noch nicht durchschaut, dass fürs Zelt aufstellen gerne ebene Plätze hätte. Alles ist schräg und schräger (und das weder zum ersten noch zum letzten Mal); der Schlafkomfort sinkt dadurch doch ziemlich. Dafür hat man auf einigen der Plätze (vor allem deren des ‚Greener Camping Clubs‘) sehr viel Platz ums Zelt. Häufig sind die Plätze auf einer grossen Wiese ausgemäht und/oder durch Hecken oder Bäume voneinander getrennt. Statt 30 gibt es dann halt nur 6 Stellplätze, die dafür umso schöner sind. Von hier machen wir nun Ausflüge auf die unterhöhlte Insel. Überall sind alte Gebäude von Bergwerken zugegen. Diese wurden gebraucht, um Wasser aus den bis über 600m tiefen Schächten zu pumpen oder um Mann und Material hoch- und runter zu fugen. Wohl tausende von diesen hübschen Gebäuden mit jeweils einem Kamin sind auf dieser Halbinsel zu sehen; einige Bergwerke gingen auch bis unters Meeresniveau. Leider aber sind dadurch viele nicht mehr zugänglich, da sie nach dem Abstellen der Pumpen rasch geflutet wurden. Dennoch finden wir ein paar alte Löcher direkt an den Klippen und erfreuen uns an der Kühle drinnen, denn tagsüber ist es nun doch schon wieder recht warm geworden.
Auch hier gibt es viele alte Steinhaufen. Seien sie in Kreisen oder als Hügelgrab angeordnet, oder als alte Dörfer. Schon in neolitischer bis auch in die Römerzeit wurden hier Steine en masse aufeinandergestapelt. Eine Besonderheit von Cornwall sind die ‚Fogou‘ – unterirdische Gänge und Kammern, die aber nicht als Grab sondern vermutlich zur Vorratshaltung oder Versteck gedient haben dürften. Einige davon sind noch zugänglich und müssen natürlich von uns erforscht werden. Aber auch landschaftlich hat Cornwall vor allem der Küste nach viel zu bieten; im Landesinnern ist es aber sehr landwirtschaftlich geprägt und auch eher flacher. Töfffahren wird nur dann interessant, wenn auf den schmalen Hauptstrassen ein Doppelstockbus entgegenkommt und die Autofahrer verzweifelt versuchen, ihr Auto in die Hecke zu quetschen.
Auf einem abgelegenen Zeltplatz in Exmoor im Nordosten von Cornwall lassen wir diese Tage ausklingen. Direkt am rauschenden Bach haben wir einen ganzen Teil des Platzes für uns allein. Noch hat die Hauptsaison nicht begonnen und trotz Frühlingsferien in England ist fast überall noch sehr wenig los. Tagsüber ist es nun in der Sonne doch recht heiss, dafür erwarten uns noch immer einstellige Temperaturen in der Nacht. In Wales soll es wärmer werden – sollte es in England nicht eigentlich regnen?
Wir können uns kaum vom schönen Campingplatz am Rio Tâmega lösen, doch die Zeit schreitet voran und der Heimweg wird auch nicht kürzer. Nach einer letzten Rundtour in der Gegend packen wir also die Koffer und fahren weiter gegen Norden. Über kleine Strassen schlängeln wir durch die Hügel und über eine noch Kleinere erreichen wir schliesslich wieder Galicien in Spanien. Bye bye Portugal.
In der Region Ourense waren wir schonmal, hatten hier eine Bootsfahrt auf dem Rio Sil gemacht, doch die Hauptsehenswürdigkeit hatten wir verpasst – die Gebäude der ehemaligen Psychiatrie… Verlassen in 2012 stehen hier zig alte und teils futuristische Gebäude und wir erkunden die Gänge und Hallen und finden es schade, dass so viel herausgerissen und zerstört wurde (sei es beim Verlassen oder vermutlich eher seither durch Vandalen etc).
Nun aber ab zum Zeltplatz, doch – dieser ist voll; und das unter der Woche! Nach einiger Zeit telefoniert die Rezeptionistin sogar für uns herum – alle 6 umliegenden Zeltplätze sind ebenfalls voll – zum ersten Mal trifft uns hier die Hauptreisezeit hart – Galicien ist insbesondere im August sehr voll. Zum Glück finden wir nach etlichem eigenen telefonieren noch eine sehr angenehme Casa Rural in der Nähe, direkt neben einem alten und grösstenteils zerfallenen Kloster und bereiten unser Nachtessen halt dort auf dem Gartentisch zu.
Weiter östlich zickzacken wir durch die Hügel, überqueren mehrmals den jüngeren Rio Sil und weil wir Ísabel von unsem schönen Hotel von der Hinreise bei Las Medulas nochmals besuchen wollen, zelten wir in der Nähe – denn auch hier ist im August alles auf Wochen hinaus ausgebucht; so machen wir immerhin zum Zmittag ab (was in der Schweiz zeitlich schon fast ein Zvieri wäre 😉 ). Schon auf dem Weg zum Camping sehen wir vor uns eine dunkle Rauchwolke und biegen aber kurz davor ab auf unseren Zeltplatz. Bald schon brummen die Löschhelikopter über uns, und wir fragen uns, ob das so eine gute Idee war. Glücklicherweise haben sie den Brand aber nach ein paar Stunden unter Kontrolle und wir können beruhigt schlafen.
Da wir genug Zeit haben, nehmen wir noch eine Extrarunde durch die Bergregion La Cabrera und geniessen die Ausblicke und einsamen Dörfer. Schliesslich geniessen wir ein feines Mittagessen im Hotel (welches ab 14 Uhr serviert wird) und nach so einigem Schwatzen fahren wir noch immer satt zurück zum Zelt – einen Znacht braucht es heute auch nicht… Wir haben es nicht pressant, das neue Lenkkopflager in Bilbao wartet erst in einigen Tagen, so fahren wir durch den Parque Natural de Somiedo auf kleinen Strassen weiter gen Osten und kreuzen ab und an unsere Spur vom Hinweg.
Unverhofft bremst Matti stark – ein alter Schachtaufzug einer Mine weckt sein Interesse und flugs stehen wir in der ausgeräumten Maschinenhalle des Pozo Herrera N°2 in Sotillos de Sabero und besichtigen die alten Gebäude einer der grössten Untertage-Kohleminen Spaniens. Wenig darauf ein zweiter Schacht; während ersterer für die Förderung des Materials zuständig war, wurde dieser für die Belegschaft gebraucht. Hier steht noch die alte Seilwinde im Maschinenhaus und vom besteigbaren Turm hat man eine herrliche Weitsicht. Kulturprogramm abgehakt.
Oder doch noch nicht ganz. Gleich hinter dem Ebro Stausee fahren wir zur Pyramide von Gizeh.. äh Pirámide de los italianos. Ein Mausoleum für die italienischen Soldaten, die für Diktator Franco während dem spanischen Bürgerkrieg im Kampf um Santander gefallen waren. Die Überreste von 372 Soldaten waren hier einst begraben. Schon 1975 wurden diese aber nach Italien überführt und das Mausoleum ergibt seither eine schaurig schöne Kulisse.
Über die Asturische Schweiz (der Name hat auf dem Hinweg ein Velofahrer vorgeschlagen für die Berge rund um Vega de Pas) fahren wir im Zickzack weiter bis nach Bilbao. Auch hier, um 17h kein Anzeichen von Stau und unser Hotel ist bald gefunden. Die Töffs in der Garage versteckt und schon geniessen wir die Aussicht vom 8ten Stock über die ganze Altstadt. Doch wir sind nicht zum städtern hier – endlich bekommt Mattis Tiger sein langersehntes neues Lenkkopflager und Barbaras AfricaTwin den wohlverdienten Service während wir rund um das Guggenheim Museum und quer durch die Stadt wandern. Da das lokale verlassene Spital leider von Securitas einem Dobermann beschützt wird (vor was auch immer), beschliessen wir den Wachhund ausnahmsweise nicht zu streicheln und suchen andere Beschäftigungen…
Was in einem Grossteil Spaniens die Tapas, sind hier die Pinczos. Kleine Häppchen mit Käse, Fleisch, Fisch und anderem, die mit einem Zahnstocher zusammengehalten werden. Dank riesiger Auswahl ergibt das auch locker einen ganzen Znacht. Doch irgendwas muss Barbara nicht gut bekommen haben, so suchen wir am nächsten Tag schon nach einer Stunde nach einer neuen Unterkunft (rate wieviele Anrufe das brauchte…). Wir finden ein schönes Casa Rural und sie kann sich schliesslich hinlegen und erholen und Matti hat endlich Zeit, sein spanisches Buch fertig zu lesen.
Mit noch etwas flauem Gefühl im Magen kanns aber am nächsten Tag weiter gehen. Wir wollen noch so einige Pyrenäenpässe machen und wechseln einige Male zwischen Frankreich und Spanien hin und her. Mit jedem Übergang werden die Berge höher und imposanter und wir stocken unser Kulturprogramm gehörig auf.
Wir beginnen mit der Ruine der ehemaligen Munitionsfabrik Real Fábrica de Armas de Orbaizeta. Hier kriegen wir zwar nasse Füsse, doch lohnt sich insbesondere der Anblick des alten Wasserkanals der mitten durch die Fabrik lief und für verschiedenste Zwecke gebraucht wurde. Auch das seit Jahrzehnte (fast) verlassene Dorf Escó am Yesa-Stausee soll nicht fehlen, wo praktisch nur noch die Kirche (halbwegs) steht und auch die nahe, vom Stausee verschluckte, Therme Balneario de Tiermas ist jetzt dank tieferem Wasserstand sichtbar. Hier sprudelt das Wasser noch immer mit um die 39° nun direkt in den See, was viele Badegäste anzieht.
Auf der französischen Seite der Pyrenäen folgt schliesslich der kurzfristig organisierte Besuch der Grotte de La Verna, welche zwar mit kaum Tropfsteinen auftrumpfen kann, dafür mit einem der grössten unterirdischen Hohlräume der Welt. Leider kommt die Grösse dieser riesigen Halle mit einem Durchmesser von 250m und einer Höhe von 194m nicht wirklich gut hinüber, ist die Beleuchtung doch eher suboptimal und lässt fast keine Tiefenwahrnehmung zu. Die aufgestellten gelben Puppen lassen immerhin die Grösse etwas erahnen.
Einige Pässe später, die jetzt richtig gebirgig sind und wunderschöne Ausblicke geben, wollen wir die ehemalige Bahnstation Canfranc-Estación besichtigen, gelegen an einer ehemals sehr wichtigen Zugsstrecke die hier via Tunnel nach Frankreich weiter ging (heute aber hier bei einem neuen Bahnhof nebenan endet). Wir finden dann aber heraus, dass diese gerade zu einem Hotel umgebaut wird. Schade um den damit nicht möglichen Besuch, aber schön, dass hier die alte Bausubstanz erhalten werden kann! Etwas abgelegen davon und deutlich unbekannter dann aber das Highlight: Das alte Zugdepot steht noch in seinem verblichenen Glanz; komplett mit Drehscheibe und voll von alten Schlafwagen – wie immer leider von Vandalen teils übel zugerichtet aber trotzdem sehr imposant.
Über immer höhere Pässe fahren wir hin und her, geniessen mal grosse und mal ganz kleine Strassen und einmal tun das wohl auch die Kühe und blockieren eine ganze Strasse. Für uns als Töfffahrer ist immerhin an ein vorsichtiges Durchkommen zu denken – die Autofahrer mussten wohl ihre Reservation fürs Abendessen um eine Stunde nach hinten schieben…
Wir verlassen nun Spanien zum letzten Mal und machen den nächsten Halt im Eagles Donjon in Beaucens (F). Hier kommen wir in den Genuss einer längerer Vorführung mit verschiedenen Raub- und anderen Vögeln. Über uns kreisen Milane, Adler, Geier, Kondore und Papageie. Sehr schön inszeniert und doch leben hier (wie auch sonst meistens) die meisten Vögel zwischen den Shows auf recht engem Raum und ohne grosse Flugmöglichkeiten…
Der nächste Tag startet mit blauem Himmel, aber noch bevor unsere Töffs startklar sind, ist der Himmel bereits tief verhangen und es wird immer düsterer. Schnell weg hier, doch unser grauer Verfolger hat dieselbe Richtung. Auf dem Col du Tourmalet nieselt es bereits und vor uns sieht es von Minute zu Minute schlechter aus. Schnell brechen wir den Plan für einen weiteren Pass ab und flitzen in die französische Ebene, möglichst weg vom Regen. Bis am Abend sind wir bereits am Fluss Aveyron und zelten direkt am Ufer des ruhigen Flusses. Dieser lässt sich auf der Strasse eine Weile verfolgen und insbesondere auf der alten Strasse ergeben sich auch wunderschöne Ausblicke.
Auch der weiter nördlich gelegene Fluss Lot schlängelt sich idyllisch durch die Landschaft. Weniger idyllisch sind die bereits bekannten Wolken, die die Verfolgung noch nicht aufgegeben haben. Der Radar verheisst nichts Gutes, die ersten Tropfen fallen schon – also wiedermal das Regenkombi hervorgekramt. Darauf hat das Wetter gewartet. Kaum losgefahren verzieht es sich in interessantere Ecken und wir kochen vor uns hin und sind froh, dann irgendwann unser altbekanntes Laguiole zu erreichen, bekannt für seine Messer mit der typischen Fliege/Biene am Klingenansatz. Hier nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die Werkstätten zu besuchen und den Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen. Denn nicht alle der so typischen Messer kommen tatsächlich von hier. Da sich der Name nicht schützen lässt, kann auch jeder chinesische Billiganbieter ‚Laguiole‘ auf seine Messer schreiben.
Gestärkt mit Messern und dem hier typischen Aligot (eine Art Kartoffelstock mit geschmolzenem, eingerührtem Tomme-Käse) vertreiben wir die Wolken und fahren zur genial-schönen Gorges du Tarn, eine tief eingeschnittene Schlucht; mal mit Steilwänden und mal mit sanfteren Waldhängen, in der Mitte tiefblaues Wasser voll von Fischen – ein Paradies. Viel zu lange bädeln wir bei einer Kiesbank – unser Tagesziel ist längst ausser Reichweite und am Ende der Schlucht wartet hinterlistig der Regen auf uns. Kurz was eingekauft und sofort wieder zurück – zum Glück gibts hier gefühlt alle 2km einen Campingplatz am Fluss. Im Sommer wohl voll, jetzt in der Nachsaison hat sich genau noch ein weiteres Gefährt auf dem Gelände eingefunden. Die Gegend merken wir uns (erneut) mal für spezifischere Ferien – aber nur ausserhalb der Hochsaison.
Der Regen hat sich verkalkuliert durch unseren Hasensprung und tobt sich woanders aus, doch nun müssen wir Weg machen. Erneut wollen wir unsere Spur kreuzen und sind rechtzeitig zu einem riesigen Teller feinen Ravioles wieder einmal in Pont-en-Royans. Am nächsten Tag der Pflichthalt: Aus dem frisch geleerten Topcase von Matti improvisieren wir einen Kühlschrank und füllen diesen bis unters Dach mit Ravioles. Von hier geht es über viele kleine Strassen schliesslich nach Genf zu Mattis Gotte Mariette und Agrippino, die wir seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Schön wieder einmal hier zu sein, doch an den Verkehr in der Schweiz sind wir nicht mehr gewohnt. Waren die Strassen in den Pyrenäen stets fast leer, kommen wir hier vor lauter Autos und Lichtsignalen kaum mehr voran.
Also noch einen letzten Abstecher nach Savoyen um dann via den Pas de Morgins ins Unterwallis zu stechen und via Col des Mosses ins Berner Oberland zu gelangen. Am Ende des Tages werden wir von Anita, Urs und Leni herzlich in Noflen BE willkommen geheissen und wir geniessen unseren letzten Abend gemeinsam in wunderschöner Atmosphäre.
Den letzten Tag beginnen wir mit dem Schallenberg und biegen kurz darauf rechts ab – ein Kämmeriboden-Merengue soll unsere Henkersmahlzeit sein, denn wenige Stunden später rollen wir nachdenklich in Embrach ein. Noch können wir es gar nicht glauben, dass diese kurzen drei Monate schon vorbei sein sollen. Ein grosser Vorteil bleibt aber: Endlich wieder ein bequemes Bett…
Fazit
Der Haupttitel der Reise ‚Reise ins Kein-Corona-Land‘ inspirierte uns zu einem Fazit. Denn war es wirklich eine Reise in ein Land ohne Corona? Strenggenommen nein, jedoch für uns durchwegs ja; weil wir mit den Motrorrädern und Zelt sehr unabhänging unterwegs waren und viele Massnahmen uns nur wenig betrafen. Selbstverständlich wurden wir an die aktuelle Situation erinnert, wenn wir in den Einkaufsläden eine Maske tragen mussten oder (in Portugal und Frankreich) auf dem Zeltplatz, Hotel oder Restaurant den Covid-Pass vorzeigen mussten. Etwas mühsam wurde es, wenn man die Maske bei 40°C tragen muss und sich dabei auch noch anstrengt. Aber wir waren erfreut und erstaunt, wie alle Leute die Maske trugen ohne wenn und aber. Da gabs keine Diskussionen, man machte es einfach, es gehörte dazu. Selbst beim wandern hatten die meisten Leute jederzeit eine bereit und wenn man sich kreuzte zog man sich die Maske ganz selbstverständlich über die Nase.