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Sich fühlen wie ein Cowboy

Nach den entspannenden Tagen im Surfer-Hostel fahren wir nun zügig südlich in Richtung Lissabon. Das Ziel ist ein exzentrischer Park bei Sintra: Quinta da Regaleira. Dieser weist viele kleine Grotten, Bäche und Seen, viel Grün, kleine Wege und versteckte Orte auf. Eins der Highlights ist sicherlich der in den Stein versenkte ‚umgekehrte Turm‘, an dessen Boden eine (künstliche) Grotte zu verschiedenen Ausgängen führt.

Der ‚umgekehrte Turm‘ im Park der Quinta da Regaleira, Sintra

Doch es ist Freitag Nachmittag, so wollen wir noch so früh wie möglich durch Lissabon hindurch und erst auf der anderen (südlichen) Seite zelten. Gerade noch vor dem grossen Stossverkehr überqueren wir mit nur wenigen Minuten Stau die grosse Hängebrücke aus der Stadt heraus. Zum Glück muss nur auf die andere Seite Maut bezahlt werden. Nicht, dass wir keine bezahlen möchten, aber in Portugal ist dies kompliziert als Ausländer. Wenn man sich nicht gerade an einem der wenigen ‚Welcome Points‘ entlang der grenzüberschreitenden Autobahnen für 30 Tage registriert, ist es sozusagen unmöglich (ausser man mietet dann ein Gerät)…

Wir erreichen den südlichsten Punkt unserer Reise – nicht dass es weiter südlich nicht auch Sehenswürdigkeiten gäbe, aber erstens wollen wir die Algarve nicht zur Hauptferienzeit sehen und zweitens rollt eine Hitzewelle heran. So fahren wir östlich ins berühmte Weinbaugebiet Alentejo, sehen unterwegs aber deutlich mehr Korkeichen (auch eine etwa 240-jährige ist dabei). Auch gibt es hier im Hinterland eine grosse Ansammlung an Steinkreisen, Menhiren (stehende Steine) und Dolmen, die während der Megalith-Kultur vor ca 4000-6000 Jahren gebaut wurden. Die Landschaft hat sich seit Lissabon auch massiv verändert. Sie erinnert manchmal mehr an eine Steppe, da hier alles sehr flach ist. Abwechslungsweise ist das Land mit Korkeichen, vertrocknetem Gras, Olivenbäumen oder mit Reben bepflanzt.

Steinkreis dos Almendres

In der letzten Zeit ist eigentlich alles zu rund gelaufen. Beim bepacken fällt Mattis Tiger plötzlich vollbepackt um – das Resultat ist ein arg verbogener Alukoffer und Halterung. Nach einer Stunde gemeinsamem Herumhüpfen auf dem Träger lässt sich dieser auch wieder einigermassen montieren. Der Laptop im Koffer hat riesiges Glück gehabt: Er war genau dort, wo der Koffer eigentlich am stabilsten sein sollte und sich deshalb genau dort verbogen hat… Beim Nachhaken in Porto erfahren wir auch, dass das Lenkkopflager doch nicht getauscht und uns das falsch kommuniziert wurde (und ich fragte mich schon, warum es sich seit dem ‚Wechsel‘ schlechter anfühlt als vorher…). Also wiedermal vorausplanen. Der Händler in Nordgalizien kann uns selbst mit 2 Wochen Vorlaufzeit nicht helfen (zu lange Lieferzeiten..!), erst in Bilbao werde ich ein neues Lager erhalten können…

Wenn wir schon beim Technischen sind: Wir merken auch, wieviel schlechter hier die GPS-Karten sind. Immer häufiger lotst uns das GPS über ‚Abkürzungen‘ quer durch die Ortschaften statt auf der Hauptstrasse zu bleiben. Es kennt hier häufig keinen Unterschied zwischen den kleineren Strassentypen und rechnet auch gerne mal komische Routen aus, die sich dann komplett verändern, wenn man in der Mitte (auf dem bereits berechneten Weg) einen Zwischenpunkt setzt. Häufig ist also kreatives Verweigern gefragt, wenn das GPS mal wieder in eine Hofeinfahrt abbiegen will…

Um nicht in die angekündigte Hitzewelle zu gelangen verfolgen wir die spanische Grenze nach Norden. Trotzdem sollte sie uns noch einholen… Auch hier gibt es prähistorische Spuren: Alte Felszeichnungen unter überhängenden Felsen, genauso wie ein riesiger Dolmen, der innen drin 5m hoch ist. Auch die Festung von Marvão ist ein Besuch wert; der Rundblick bis tief nach Spanien ist gewaltig!

Von der fast uneinnehmbaren Burg in Marvão hat man einen wunderbaren Rundblick bis weit nach Spanien hinein

Via Spanien (Extremadura) geht es zügig weiter nach Norden. Doch die Hitze hat uns längst erreicht. Die Prärie-ähnliche Landschaft flimmert in der Hitze und wir freuen uns aufs Schwimmbad auf dem anvisierten Zeltplatz – welches heute zu hat. Dafür steuern wir tags darauf den Parque Natural da Serra Estrela an. In einem Felsenpool können wir uns endlich abkühlen – genauso wie eine kleine Schlange, die gemütlich an uns vorbeischwimmt… Selbst auf 2000m auf dem Torre ist es hier noch 26°C heiss… Nicht mehr schwimmen kann man aber im alten Gebäude von Águas Radium, einem Heilbad aus den 20ern, welches mit radioaktivem Wasser aus der nahen Uranmine versorgt wurde – die Ruinen sind dafür umso schöner und strahlen noch immer den alten Glanz aus.

Águas Radium, ehemaliges SPA

Erneut satteln wir die Gäule und reiten durch die extremadurische Prärie und wir sind froh, dass der Río Frío auch tatsächlich kühl ist (und überhaupt Wasser hat!). Auch der Ausflug in den Parque Arqueológico do Vale do Côa wird heiss, bei über 43°C werden uns hier einige der wunderschönen in den Fels gehauenen Zeichnungen gezeigt, die bis zu etwa 30’000 Jahre alt sind.

Auf dem Hinweg wollten wir eigentlich schon das Panóias Sanctuary nähe Vila Real besichtigen; eine Kultstätte der Römer für den Gott der Unterwelt. Dank einigen früher noch erhaltenen Inschriften sind die Rituale gut rekonstruierbar und bestanden aus 3 Initiationen der Anhänger des Gottes Serapis, jeweils mit einem Tieropfer, das in einer bestimmten Abfolge vollbracht werden musste.

Die Hitze treibt uns wie die Zebras immer häufiger zu einer Wasserstelle, so finden wir schliesslich einen gemütlichen holländischen Zeltplatz direkt an einem Fluss mit grossen Parzellen, angenehmem Wasser und gemütlicher Atmosphäre. Hier lassen wir uns einige Tage nieder, geniessen den Fluss, die Natur und die Ruhe. Allgemein ist es in der Gegend hier, nordwestlich von Vila Real, plötzlich viel grüner als wir es uns inzwischen gewohnt sind und die Temperaturen sind gleich mal 5°C tiefer – so machen ein paar Ruhetage umso mehr Spass!

Unser traumhafter Zeltplatz direkt am Fluss

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Neuland Portugal

Von unserem Casa Rural nähe Carral unternehmen wir nun wie geplant einige Ausflüge. Der Erste nach Santiago de Compostela. Die Pilgerhochburg hat eine grosse, vom Verkehr befreite Altstadt und ist ziemlich voll von Touristen und natürlich Pilgern. Wir wandeln eine Weile durch die Gassen und sind dann aber auch mal wieder froh, aus dem Getümmel herauszukommen.

Unser Termin in A Coruña ist nun gekommen. Mattis Tiger kriegt einen neuen Vorderpneu und die meisten Pakettrackings besagen, dass die Lieferungen auch angekommen sind oder heute ankommen. Mit viel Extrazeit im Gepäck fahren wir um 9h in die Stadt und wundern uns, wo der Stossverkehr ist. Ein paar einzelne Autos treffen wir an und schon sind wir viel zu früh mitten in der Stadt und geben den Töff ab und holen Ersatz-Funkkabel, Zeltstangen und ein neues Mätteli für Barbara ab. Bis der Töff fertig ist, besichtigen wir zu Fuss und per Bus noch etwas die Stadt und den nahen Leuchtturm. Auch das Verlassen der Stadt ist locker, kaum ein Auto unterwegs. So fahren wir zügig noch einen Bonusstop an, das Sanatorio De Cesuras, ein Tuberkulose-Sanatorium, welches 1924 gebaut aber niemals fertiggestellt oder in Betrieb genommen wurde.

Sanatorio De Cesuras, Tuberkulose-Sanatorium welches nie in Betrieb ging

Endlich wieder mit allen Ersatzteilen versorgt, fahren wir schliesslich weiter. Die nordwestliche Küste von Galicien hat viele Steilküsten zu bieten, so pendeln wir zwischen Leuchttürmen, kleinen Stränden und der nächsten Strasse hin und her und wundern uns schliesslich, warum es irgendwo in der Ferne immer und immer wieder donnert.

Schliesslich finden wir kleine Rauchwölklein am Himmel und vermuten ein militärisches Übungsgebiet. Doch bei der Weiterfahrt im nächsten Dorf ein riesen Getümmel. Wunderschön dekorierte Fischerboote fahren wild durcheinander, am Hafen wimmelt es von Leuten. Wir kommen genau rechtzeitig zum Fiesta de la Virgen del Carmen, das Fest zu Ehren der Schutzheiligen der Seeleute in Camariñas. In einem wilden Trubel werden zwei Heiligenstatuen von den Booten entladen und von einer fröhlichen, tanzenden Truppe in die nahe Kapelle gebracht. Doch kaum vollbracht zerstreuen sich die Menschengruppen und ausser einer trashigen Heavymetalgruppe bleibt kaum was zurück. Was für ein Spektakel!

Fiesta de la Virgen del Carmen in Camariñas

Der nächste Pflichtstop ist Fisterra/Finisterra, ursprünglich als der westlichste Punkt Europas angesehen und heute noch Ziel vieler Pilgerer, die von Santiago noch bis hierhin weiter ziehen. Das Kap fasziniert uns aber irgendwie wenig, weiter nördlich gibt es viel Schönere, zudem auch mit viel weniger Touristen.

Seit langem stellen wir wiedermal das Zelt auf und sind froh, dass die Ersatzsegmente passen und wir wiedermal unter dem eigenen Dach schlafen können. Wir verfolgen nun weiter die Küste, besichtigen riesige Horreos (ehemalige Kornspeicher die typisch für Galizien sind) und die Überreste einer keltischen Siedlung. Für Mattis Geburtstag wollen wir auf die Insel Arousa und übesehen einmal mehr, dass Wochenende ist. Wir erhalten den allerletzten Platz auf einem mässigen Camping, aber es ist die einzige Möglichkeit auf der Insel zu bleiben (der andere Camping ist bereits ausgebucht). Den Geburtstag geniessen wir träumend an einer einsamen Bucht (auch hier gilt, wenn man weiter als 10min gehen muss, ist da fast niemand mehr) und gönnen uns eine feine Paella mit schwarzem Reis in einem nahen Restaurant.

Wiedermal haben wirs nun etwas gesehen mit der Küste, die hier für uns auch weniger interessant wird und versuchen unser Glück im Landesinneren am Rio Sil, einem Nebenfluss des grossen Rio Miño. Hier wird an den steilen Hängen noch immer in Handarbeit der Wein der Ribeira Sacra hergestellt und auf einer Bootstour sehen wir die steilen Hänge und Rebberge von unten her. Schon aber müssen wir wieder zurück ans Meer, warten dort doch noch ein paar schöne (leider ohne Führung nur von aussen her besichtigbare) Mühlen, die sich in langen Reihen an die steilen Hänge schmiegen. Kaum hat das Wasser die Eine verlassen, geht es schon wieder in den steilen Kanal der Nächsten. Bei A Guarda gibt es ausserdem eine weitere schöne Keltensiedlung auf einem Hügel. Beim Hochfahren befinden wir uns plötzlich im dichtesten Nebel, aber so plötzlich wie er gekommen war, reisst er schon wieder auf und wir sehen die Überreste des Dorfes mit seinen Rundhütten im schönsten Sonnenschein.

Überreste einer keltischen Siedlung mit den typischen Rundhäusern bei A Guarda

Galicien ist hier zu Ende, aber da der Westen der iberischen Halbinsel einen eher kühlen Sommer erlebt, beschliessen wir weiter nach Süden vorzudringen, nach Portugal. Die Überfahrt über den Rio Miño besiegelt dies kurz danach und es gilt die Uhren eine Stunde zurück zu stellen. Heisst, es wird jetzt noch früher dunkel. Um 21h ist nun Sonnenuntergang, um halb Zehn ists dunkel. Keine gute Neuigkeiten für uns Langschläfer….

Der vom Reiseführer hoch gelobte Zeltplatz entpuppt sich als mässig, und wir erfahren sogleich die portugisischen Richtlinien: Bevor irgendwas besprochen wird: Impfpass zeigen. Bleiben wollen wir hier aber nicht unnötig lange; ein altes Wasserkraftwerk und ein Spukhaus später (ehemalige Psychiatrische Klinik bei Escadabouca) finden wir endlich unseren Traumcampingplatz. Versteckt in der äussersten, nördlichsten Ecke Portugals in Lamas de Mouro mitten im Nationalpark Peneda-Gerês. Hier wird kein Zeltplatz zugewiesen, es gibt keine exakt parzellierten Dreckflächen sondern einfach ein grüner Wald mit einem Bächlein und herzigen Stellplätzen direkt am Wasser. Hier gefällt es uns und wir beschliessen, einige Tage zu bleiben, auch wenn es aufgrund der Höhe eher kühl und teilweise neblig und regnerisch ist.

Traumhafter Zeltplatz bei Lamas de Mouro

Von hier aus machen wir Ausflüge, z.B. zu einigen Hügelgräbern und Petroglyphen etwas weiter südlich. Nach einem weiteren Ruhetag verabschieden wir uns von unserem kleinen Paradies und fahren nach einigen Kilometern über Spanien wieder nach Portugal ein. Verfolgt von ein paar Regenwolken montieren wir seit längerem wiedermal die Regenkombis und flitzen zügig nach Peso da Régua am Douro.

Weinbaugebiet Douro

Wir merken, dass Portugal für uns schwieriger zu bereisen ist. Zwar wird Mattis Spanisch da und dort verstanden, die Antworten auf Portugiesisch haben wir jedoch meist keine Chance zu entziffern. Viele, aber eben nicht alle sprechen zwar auch Englisch, aber zwischendurch ist es nicht ganz einfach, telefonisch irgendwo ein Zimmer zu buchen…

In den Bergen finden wir darauf die Minas de Regoufe, ein ehemaliges Wolframbergwerk und beschliessen nach dem Besuch einiger Stollen (da gäbe es noch viel zu besichtigen) gleich dort zu übernachten. Der nächtliche Pinkelausflug verlängert sich dann für Matti flugs zu einer stündigen Fotosession bei Mondesschein…

Übernachtungsplatz bei den verlassenen Minas de Regoufe

Die etwa 1000m hohen Hügel hier haben auch sonst viele schöne Dinge zu bieten, wie z.B. das Portal do Inferno e Garra, eine etwas ausgesetzte Strasse die hier anscheinend als sehr extrem angesehen wird (schon der Furka ist gefährlicher), oder auch einige geologische Formationen in der Nähe wie die Pedras Parideiras (ein Grantitfels, der jede Menge biotitischer Knollen enthält) oder auch Dolmen und schöne Badebäche.

Zwicshenstop an einer alten Mühle

Der Tag geht viel zu schnell vorbei und schon müssen wir wieder Richtung Meer: Ein weiterer Termin naht nun für Mattis Tiger. Dieser braucht seinen 50’000km Service, den wir in Porto arrangiert haben. Zum Glück erst um 10h, so fahren wir fast ohne Stau in die Grossstadt, die wir von dort zu Fuss erkunden. Sie gefällt uns erstaunlich gut, auch wenn sich hier extrem viele Touristen tummeln und so degustieren wir Portwein, schauen dem Treiben am Fluss Douro zu und freuen uns an den engen Gassen und kommen sogar noch in den Genuss einer kurzen Tramfahrt. Wie in Lissabon hat es hier noch einige Strecken mit uralten Strassenbahnen.

Strassenbahn in Porto

Frisch geservicet geht es im Landesinneren immer weiter südlich, zum Stausee Albufeira de Castelo do Bode. Die schöne Aussicht vom Campingplatz wird leider vom starken Wind getrübt und wir werden regelrecht gesandstrahlt. Seither glänzt unser Zelt regelrecht vom hohen Glimmeranteil im Staub. Das schmucke Castelo de Almourol auf einer Insel im Rio Tejo ist trotz Wochenende überraschend wenig besucht und wir haben es zeitweise fast ganz für uns alleine. Ganz anders hingegen die Grutas de Mira de Aire, wo wir über eine Stunde auf Einlass warten müssen.

Um mal wieder etwas auszuspannen steuern wir schliesslich (nachdem wir extra das Wochenende abgewartet haben) die Küste an. Bei Peniche finden wir uns in einem Surfer-Hostel wieder, wo wir 5 Nächte bleiben. Wir besichtigen die steilen Klippen und schaffen es auch endlich mal einen Tauchgang zu organisieren. Bei der Insel Berlenga gehen wir daher 2x ins eiskalte atlantische Wasser (Oberfläche 17°, Grundtemperatur 14°) und staunen ob den riesigen Seeaalen (Conger), Krabben und einem Zackenbarsch. Separat besuchen wir auch nochmals die Inseln zu Fuss, lassen uns durch die Meereshöhlen tuckern und bestaunen das schöne Kastell, welches malerisch in einer Bucht gelegen ist, nur durch einen mannsbreiten Steg mit dem Festland verbunden.

Die Steilküste vor Peniche hat viele schöne Felsformationen aufzuweisen

So langsam müssen wir uns ebenfalls Gedanken machen über die Weiterfahrt. Vermutlich noch bis auf Höhe Lissabon wollen wir nach Süden vorstossen, um dann langsam entlang der portugiesisch-spanischen Grenze wieder Richtung Norden zu fahren. Noch haben wir Zeit, unsere Rückreise ganz gemütlich zu gestalten.

Unsere Route

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Equipment-Ärger und unerwartet schöne Landschaften

Unser Berichtschreibtag hatte den Vorteil, dass das gröbste Wetter nun durch ist. Die Picos de Europa sind gleich hinter uns, waren aber die ganzen Tage in dichten Wolken versteckt. Nun ist zwar immer noch kein rein blauer Himmel, aber doch immerhin das schönste Wetter seit Tagen, so fahren wir in Richtung der Berge, durch schöne Schluchten und nehmen in Fuente Dé eine Seilbahn in die Picos auf etwa 1800m hoch. Von hier ziehen hunderte Schmutzgeier ihre Bahnen im Himmel und hoffen wohl auf abgestürzte Touristen. Wir geniessen die schöne Aussicht und die vielen Geier und fahren noch vor dem Regen wieder weiter. Auf einem kleinen Zeltplatz mitten in den Bergen lassen wir uns direkt neben einem rauschenden Bach nieder. Bei beginnendem Regen stellen wir unser Zelt auf… knack… eine weitere Zeltstange … knack… und eine weitere ist angeknackt. Unser Flickzeug (wir haben zum Glück in Frankreich noch Weiteres gekauft) geht uns nun langsam aber sicher aus, aber das Zelt steht gerade rechtzeitig. Im Regen stellen wir zudem noch das Tarp als Vorzelt auf, damit wir wenigstens im Trockenen kochen können.

Langsam sickert die Erkenntnis durch, dass es wohl sinnvoller wäre, im Süden zu bleiben. Einerseits sind wir Kleidermässig eher auf schön und warm eingestellt (auch wenn hier keineswegs schöneres Wetter als in England herrscht), andererseits ist die Einreise nach England (und insbesondere Schottland) nach wie vor mit Quarantäne belegt und … hier gefällt es uns einfach.

Eine der vielen Schluchten rund um die Picos de Europa

Am nächsten Tag zum Glück Bombenwetter. Wir fahren ins kleine Örtchen Caín de Valdeon und lassen unsere Töffs für einmal stehen. Hier ist der etwas weniger touristische südliche Eingang zur gigantischen Schlucht des Cares (Garganta del Cares). Hier führt ein 12km langer Wanderweg durch diese Schlucht; wir begehen etwa drittel davon, denn nach diesen 12km wäre man am anderen Ende und muss wieder zurück… Trotzdem ein bleibendes, eindrückliches Erlebnis wie sich der häufig ungesicherte Weg in den Felswänden hoch über dem Fluss schlängelt.

In den Fels eingeschlagene Partie des Fussweg durch die Schlucht des Cares (Garganta del Cares)

Weil das Wetter gegen den Abend schon wieder kippt, suchen wir uns ein kleines Hotel und laufen abends ins lokale Restaurant. Als einzige Touristen fallen wir schon etwas auf, werden aber herzlich willkommen geheissen. Hier lernen wir endlich die Cider-Kultur richtig kennen. Dieser wird nur vom Kellner dem Gast eingeschenkt. Und dies von über dem Kopf ins tief gehaltene Glas, damit er sich intensiv mit Luft vermischt und schäumt. Denn dieser Cider enthält keinen Zucker und ist stärker vergärt als unserer. Direkt getrunken schmeckt er damit viel saurer.

Unerwartet fahren wir am nächsten Tag an die spanische Enduromeisterschaft heran und schauen uns das Spektakel eine Weile lang an. Weiter geht es wieder über die Berge nach Süden. Wir stellen fest, dass wildes Zelten häufig schwierig ist. Unerwartet Vieles ist bewirtschaftet, privat und eingezäunt. Trotzdem finden wir einen schönen Platz direkt an einem Fluss und die unerwarteten, netten Gespräche mit der lokalen Bevölkerung zeigt uns, dass dies hier ein beliebter Feierabendspazierweg ist… Und das Mätteli von Barbara zeigt uns in der Nacht, dass es (gerade mal 10 Tage alt) bereits kaputt ist. Der Frust ist gross. Somit entscheiden wir uns, die nächsten Tage bis wir Ersatz finden halt in Unterkünften zu verbringen.

Doch das nächste Highlight wartet auf uns. Las Médulas ist eine geniale Landschaft aus roten Felsen und grünen Kastanienbäumen, die von den Römern geschaffen wurde. Über fast 300 Jahre haben sie hier nach Gold gesucht und dabei ganze Berge gezielt zum Einsturz gebracht. Das Gold ist hier hauptsächlich in einer lockeren Schicht aus Steinen und rotem Lehm. Um daran zu kommen, wurden tiefe Schächte und Stollen gebaut. Aber weniger zum Abbau des Goldes sondern um sie danach mit Wasser zu füllen und mit dem Wasser- und entstehenden Luftdruck ganze Bergseiten zum Einsturz zu bringen. Wir finden hier eine wunderschöne, ganz persönliche Unterkunft und bewandern einen Tag lang diese Landschaft. Im touristischen Teil lässt sich leider kein Stollen besichtigen (der Einzige ist eintrittspflichtig und zudem gerade geschlossen). Gegen Ende der Wanderung kommen wir hingegen in die weniger begangenen Regionen und finden einen Stollen nach dem anderen. Matti ist im Glück (und bald ziemlich rot vom stark abfärbenden Lehm) und wir besichtigen diverse schön geschrämte Stollen.

Stollensystem mit schönen Schrämspuren in Las Médulas. Durch diese Stollen floss das Wasser um den Berg zum Einsturz zu bringen

Hier organisieren wir auch die benötigten Ersatzteile. Zeltstangen aus Deutschland und eine neue Matte für Barbara sind bald unterwegs voraus nach A Coruña zum Honda-Töffmech. Nach einem guttuenden Ruhetag wollen wir nun aber endlich nach Galicien gelangen.

Knapp in Galicien angekommen besuchen wir den nur bei Ebbe begehbaren Kathedralenstrand (Praia das Catedrais). Jetzt wissen wir, warum man vorgängig ein (kostenloses) Ticket buchen muss. Der Ansturm ist gigantisch und lange halten wir es hier trotz den schönen Felsen nicht aus.

Nahe Ferrol beziehen wir das nächste Quartier und machen von hier einen grossen Ausflug entlang den imposanten galicischen Küsten. Hier gibt es überall Leuchttürme, Steilküsten, alte militärische Anlagen, alte Mühlen und versteckte Strände; wunderschön! Abends besuchen wir einen Mittelaltermarkt der uns mehr an einen Warenmarkt denn an einen Mittelaltermarkt erinnert. Trotzdem hat es ein Mini-Heerlager mit 3 Personen und wir geniessen abends spät noch die Akrobatik- und Feuershow.

Steilküsten beim Cabo Ortegal

In ein paar Tagen können wir die Töffs zum Mech bringen und müssen daher in den Gegend von A Coruña bleiben. So wechseln wir auf die südliche Seite und finden unterwegs noch einen wunderschönen Rastplatz mitten in einem magischen Wald mit verzaubertem Bach (wo ab dem frühen Nachmittag aber die Einheimischen einfallen). Auch ein stillgelegtes Kraftwerk wird besichtigt (leider fast alles zugemauert) und per Zufall treffen wir auf das Mosteiro de Santa Maria de Monfero, ein altes Kloster, dessen Kirche gerade noch steht und schon recht überwachsen ist. Im Inneren sind die Wände auch feucht und grün, was ein wunderschönes Bild ergibt (obwohl die Kirche noch in Gebrauch ist!).

Da wir nun auf unseren Mech-Termin und die Pakete warten müssen, legen wir ein paar Tage Pause ein in einem Casa Rural nähe Carral und bewandern den lokalen Mühleweg, wo es allerdings nur anfangs einige Verfallene und weitere Restaurierte gibt und die restlichen Kilometer mehrheitlich durch Eukalyptusmonokulturen führt. Von hier aus planen wir Santiago de Compostella und einige Küstenabschnitte zu besichtigen, bevor es dann weiter nach Süden und nach Portugal geht.

Unsere Route

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Spanische Kontraste

Nachdem alle kaputten Sachen repariert sind (Mattis Sonnenbrille wird von einem Optiker kostenlos mit einem neuen Bügel versehen und in Arles finden wir auch noch ein bequemes neues Kissen für Matti, weiteres ist frisch geleimt oder als Ersatzteil unterwegs voraus nach Spanien) planen wir mittels Regenradar die weitere Route. Im Landesinneren regnet es noch immer regelmässig und viel, so bleiben wir halt entlang der Küste. Spätestens aber bei Montpellier wird es uns dort zu heiss und zu voll – selbst an einem Werktag finden PKWs kaum mehr einen Parkplatz in Strandnähe. So beschliessen wir, doch wiederum etwas in die Hügel zu fahren, wo es hoffentlich auch kühler wird und von den Regenmassen verschont ist. Im Tal des Orb finden wir schliesslich ein schönes Plätzli für die Nacht im Grünen direkt am Fluss.

Immer mit dem Radar im Blick soll das nächste Ziel die französischen Pyrenäen sein. Ab heute ist Mattis Impfzertifikat für die Einreise nach Spanien zugelassen, doch erwischt uns zuvor doch noch eine Regenwolke und wir kommen erst am Abend in Prats-de-Mollo-la-Preste an, nur wenige Kilometer von Spanien entfernt. Das mittelalterliche Städtchen hat es uns aber angetan, so schlendern wir anderntags zuerst gemütlich durch die engen Gassen und besichtigen die über eine komplett gedeckte Treppe zugängliche, hoch darüber liegende Burg. Gestärkt von Turron-Glacé nehmen wir den letzten Pass in Angriff Richtung Spanien.

Das nördliche Stadttor von Prats-de-Mollo-la-Preste

Auch hier am Zoll keine Menschenseele die etwas von uns gewollt hätte, dafür gibt es ein feines kleines Mittagsmenü mit Aussicht in einer Bergbeiz für uns; ¡Bienvenidos a España!

Die spanischen Pyrenäen haben uns schon 2008 sehr gefallen. Wir versuchen nun die Ecken zu finden, die wir das letzte Mal ausgelassen haben und kurven durch enge Täler, vorbei an tiefblauen Stauseen und durch schöne Wälder gen Westen. In letzter Sekunde erfahren wir von gesperrten Strassen, aber auch von neuen, extrem gut ausgebauten Abkürzungen, die unsere 15-Jährige Karte nicht mal ansatzweise kennt – so ergänzen sich Karte und GPS wiedermal perfekt.

Die alte Strasse führt malerisch durch die Schlucht

Die Bilderbuchburg von Javier lassen wir aber links liegen – die 34°C mit einem Parkplatz ohne jeglichen Schatten wollen wir unserem Käse im Topcase nicht zumuten – als Fondueersatz haben wir schon Crema de Queso gefunden, so wird unser Abendessen immer häufiger von feinem regionalen Käse, Wurst und Oliven geprägt. Dafür suchen wir Schatten in der nahen Schlucht Foz de Lumbier, wo über uns die Geier kreisen und wir (nicht ganz alleine – es ist Sonntag) die alte Eisenbahnlinie durch die Schlucht bewandern. Wir sind nun in der Region Navarra. Überall Kornfelder soweit das Auge reicht.

Doch nun soll es endlich an den Atlantik ins Baskenland gehen. Aus der Hitze heraus geht es die Berge hoch, endlich eine Abkühlung. Doch bald wird es zu viel Abkühlung, beginnt es doch aus den tief hängenden Wolken zu nieseln. Der Radar zeigt nichts an, trotzdem kommen wir ordentlich abgekühlt und nass am Atlantik bei Zarautz an. Der Zeltplatz gefällt uns nicht und sommerlich wie wir noch angezogen sind zieht es uns in eine nahe Casa Rural, eine Privatunterkunft wo wir unsere Knochen wärmen. Dafür gibts am Abend feinen Teufelsfisch und lokalen Cider im Städtchen.

Zarautz im Regen

Der Kontrast der Temperaturen und der Landschaft bleibt weiterhin riesig. Tief verhangen zeigt sich der Himmel auch am nächsten Tag. Auf dem Thermometer stehen 17° statt der inzwischen schon fast gewohnten >30°. Wir staunen, wie üppig grün hier alles ist; Farne, aber auch Eukalyptus begleiten uns auf unserer Weiterfahrt. Nach einem kurzen aber wunderschönen Küstenabschnitt wird es uns entlang der Küste voraus zu regnerisch, daher ab ins Hinterland wo blauer Himmel und ein Dolmen locken. Bis wir aber dort ankommen, müssen wir auch dort einer Regenfront gerne den Vortritt lassen und scheuchen die Wolken danach eine ganze Weile vor uns her.

Der Dolmen de Aizkomendi hat seine Glanzzeit leider hinter sich – nur noch die zentrale Kammer ist von den vielen Eingriffen übrig geblieben. Weiter also zu den Salinas de Añana. Hier wurde über viele Jahrhunderte eine sehr salzhaltige Quelle vor Ort auf grossen Terrassen und später auch in künstlichen Becken auf Holzterrassen verdunstet um an das weisse Gold, dem Salz zu kommen. Heute sind nur noch kleine Teile in althergebrachter Manier in Betrieb – weiter unten fährt man dann am grossen Gebäude der modernen, industriellen Salzextraktion vorbei.

Der Reiseführer beschreibt leider nur wenige landschaftliche Höhepunkte, doch mit Kartenstudium lässt sich so manches Kleinod finden, wie z.B. die Kantabrische Schweiz – schon auf 1000m gibt es kaum mehr Bäume und wir fahren durch herrliche Berglandschaften und decken uns mit weiterem lokalen Käse ein (wir könnten deutlich mehr kaufen als wir jemals essen könnten).

Kantabrische Schweiz

In der Gegend um Torrelavega hat es den Leuten schon in der Steinzeit gefallen (wegen dem Käse?), daher findet man dort heute mit die bekanntesten Höhlenmalereien von Spanien. Trotz ausdrücklichem ‚Heute ausverkauft‘-Schild bekommen wir eine Führung in den Cuevas de el Torre – unsere Gruppe vergrössert sich damit von 2 auf 4 Personen – und auch die anderen Gruppen die wir treffen sind kaum grösser (??). Sehr eindrücklich kommt man hier den originalen Malereien sehr nahe und diese werden nur kurz vom Guide mit der Taschenlampe erleuchtet um sie möglichst zu erhalten.

Zur Sicherheit buchen wir auch gleich noch ein Ticket für das bekannte Altamira für den nächsten Tag. Die gleich neben dem Zeitplatz gelegene mittelalterliche Stadt Santillana del Mar (die nicht am Meer liegt) ist zwar wunderschön, aber komplett von Kitschläden für Pilgerer und Touristen überfüllt – eigentlich sehr schade, aber trotzdem sehenswert. Altamira am nächsten Tag dann ganz anders: Wir sind extra genug früh da (weil es meist heisst, man muss 30min vorher da sein um das gebuchte Ticket nicht zu verlieren) – und können sogar noch 20min früher rein – hier hätten wir auch problemlos spontan ein Ticket gekriegt. Diese Höhle ist allerdings (wie in Lascaux in Frankreich) eine Replika, da die Originale von den hohen Besucherströmen in den letzten Jahrzehnten arg geschädigt ist – dennoch sehr sehenswert und auch das angegliederte Museum ist riesig. Mit müden Beinen besuchen wir auch noch ein frühes Bauwerk von Antonio Gaudí in Comillas, das uns aber nicht so zu begeistern mag.

El Capricho de Gaudí, Comillas

Nach vielen Fahrtagen haben wir mal wieder etwas Ruhe nötig. Nähe Llanes finden wir einen abenteuerlich direkt entlang der Steilküste angelegten Zeltplatz wo wir ein Plätzchen mit bester Aussicht erhalten. Hier machen wir es uns wiedermal etwas länger bequem, waschen und schreiben endlich diese Zeilen. Galizien rückt näher, wir freuen uns, hoffen aber auf etwas besseres Wetter um auch die nahen Picos de Europa sehen und besuchen zu können.

Unser Zeltplatz mit Strandanschluss

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