Archiv der Kategorie: 2021: Galicien

Reise nach Galicien und Portugal im Coronasommer 2021

Spanische Kontraste

Nachdem alle kaputten Sachen repariert sind (Mattis Sonnenbrille wird von einem Optiker kostenlos mit einem neuen Bügel versehen und in Arles finden wir auch noch ein bequemes neues Kissen für Matti, weiteres ist frisch geleimt oder als Ersatzteil unterwegs voraus nach Spanien) planen wir mittels Regenradar die weitere Route. Im Landesinneren regnet es noch immer regelmässig und viel, so bleiben wir halt entlang der Küste. Spätestens aber bei Montpellier wird es uns dort zu heiss und zu voll – selbst an einem Werktag finden PKWs kaum mehr einen Parkplatz in Strandnähe. So beschliessen wir, doch wiederum etwas in die Hügel zu fahren, wo es hoffentlich auch kühler wird und von den Regenmassen verschont ist. Im Tal des Orb finden wir schliesslich ein schönes Plätzli für die Nacht im Grünen direkt am Fluss.

Immer mit dem Radar im Blick soll das nächste Ziel die französischen Pyrenäen sein. Ab heute ist Mattis Impfzertifikat für die Einreise nach Spanien zugelassen, doch erwischt uns zuvor doch noch eine Regenwolke und wir kommen erst am Abend in Prats-de-Mollo-la-Preste an, nur wenige Kilometer von Spanien entfernt. Das mittelalterliche Städtchen hat es uns aber angetan, so schlendern wir anderntags zuerst gemütlich durch die engen Gassen und besichtigen die über eine komplett gedeckte Treppe zugängliche, hoch darüber liegende Burg. Gestärkt von Turron-Glacé nehmen wir den letzten Pass in Angriff Richtung Spanien.

Das nördliche Stadttor von Prats-de-Mollo-la-Preste

Auch hier am Zoll keine Menschenseele die etwas von uns gewollt hätte, dafür gibt es ein feines kleines Mittagsmenü mit Aussicht in einer Bergbeiz für uns; ¡Bienvenidos a España!

Die spanischen Pyrenäen haben uns schon 2008 sehr gefallen. Wir versuchen nun die Ecken zu finden, die wir das letzte Mal ausgelassen haben und kurven durch enge Täler, vorbei an tiefblauen Stauseen und durch schöne Wälder gen Westen. In letzter Sekunde erfahren wir von gesperrten Strassen, aber auch von neuen, extrem gut ausgebauten Abkürzungen, die unsere 15-Jährige Karte nicht mal ansatzweise kennt – so ergänzen sich Karte und GPS wiedermal perfekt.

Die alte Strasse führt malerisch durch die Schlucht

Die Bilderbuchburg von Javier lassen wir aber links liegen – die 34°C mit einem Parkplatz ohne jeglichen Schatten wollen wir unserem Käse im Topcase nicht zumuten – als Fondueersatz haben wir schon Crema de Queso gefunden, so wird unser Abendessen immer häufiger von feinem regionalen Käse, Wurst und Oliven geprägt. Dafür suchen wir Schatten in der nahen Schlucht Foz de Lumbier, wo über uns die Geier kreisen und wir (nicht ganz alleine – es ist Sonntag) die alte Eisenbahnlinie durch die Schlucht bewandern. Wir sind nun in der Region Navarra. Überall Kornfelder soweit das Auge reicht.

Doch nun soll es endlich an den Atlantik ins Baskenland gehen. Aus der Hitze heraus geht es die Berge hoch, endlich eine Abkühlung. Doch bald wird es zu viel Abkühlung, beginnt es doch aus den tief hängenden Wolken zu nieseln. Der Radar zeigt nichts an, trotzdem kommen wir ordentlich abgekühlt und nass am Atlantik bei Zarautz an. Der Zeltplatz gefällt uns nicht und sommerlich wie wir noch angezogen sind zieht es uns in eine nahe Casa Rural, eine Privatunterkunft wo wir unsere Knochen wärmen. Dafür gibts am Abend feinen Teufelsfisch und lokalen Cider im Städtchen.

Zarautz im Regen

Der Kontrast der Temperaturen und der Landschaft bleibt weiterhin riesig. Tief verhangen zeigt sich der Himmel auch am nächsten Tag. Auf dem Thermometer stehen 17° statt der inzwischen schon fast gewohnten >30°. Wir staunen, wie üppig grün hier alles ist; Farne, aber auch Eukalyptus begleiten uns auf unserer Weiterfahrt. Nach einem kurzen aber wunderschönen Küstenabschnitt wird es uns entlang der Küste voraus zu regnerisch, daher ab ins Hinterland wo blauer Himmel und ein Dolmen locken. Bis wir aber dort ankommen, müssen wir auch dort einer Regenfront gerne den Vortritt lassen und scheuchen die Wolken danach eine ganze Weile vor uns her.

Der Dolmen de Aizkomendi hat seine Glanzzeit leider hinter sich – nur noch die zentrale Kammer ist von den vielen Eingriffen übrig geblieben. Weiter also zu den Salinas de Añana. Hier wurde über viele Jahrhunderte eine sehr salzhaltige Quelle vor Ort auf grossen Terrassen und später auch in künstlichen Becken auf Holzterrassen verdunstet um an das weisse Gold, dem Salz zu kommen. Heute sind nur noch kleine Teile in althergebrachter Manier in Betrieb – weiter unten fährt man dann am grossen Gebäude der modernen, industriellen Salzextraktion vorbei.

Der Reiseführer beschreibt leider nur wenige landschaftliche Höhepunkte, doch mit Kartenstudium lässt sich so manches Kleinod finden, wie z.B. die Kantabrische Schweiz – schon auf 1000m gibt es kaum mehr Bäume und wir fahren durch herrliche Berglandschaften und decken uns mit weiterem lokalen Käse ein (wir könnten deutlich mehr kaufen als wir jemals essen könnten).

Kantabrische Schweiz

In der Gegend um Torrelavega hat es den Leuten schon in der Steinzeit gefallen (wegen dem Käse?), daher findet man dort heute mit die bekanntesten Höhlenmalereien von Spanien. Trotz ausdrücklichem ‚Heute ausverkauft‘-Schild bekommen wir eine Führung in den Cuevas de el Torre – unsere Gruppe vergrössert sich damit von 2 auf 4 Personen – und auch die anderen Gruppen die wir treffen sind kaum grösser (??). Sehr eindrücklich kommt man hier den originalen Malereien sehr nahe und diese werden nur kurz vom Guide mit der Taschenlampe erleuchtet um sie möglichst zu erhalten.

Zur Sicherheit buchen wir auch gleich noch ein Ticket für das bekannte Altamira für den nächsten Tag. Die gleich neben dem Zeitplatz gelegene mittelalterliche Stadt Santillana del Mar (die nicht am Meer liegt) ist zwar wunderschön, aber komplett von Kitschläden für Pilgerer und Touristen überfüllt – eigentlich sehr schade, aber trotzdem sehenswert. Altamira am nächsten Tag dann ganz anders: Wir sind extra genug früh da (weil es meist heisst, man muss 30min vorher da sein um das gebuchte Ticket nicht zu verlieren) – und können sogar noch 20min früher rein – hier hätten wir auch problemlos spontan ein Ticket gekriegt. Diese Höhle ist allerdings (wie in Lascaux in Frankreich) eine Replika, da die Originale von den hohen Besucherströmen in den letzten Jahrzehnten arg geschädigt ist – dennoch sehr sehenswert und auch das angegliederte Museum ist riesig. Mit müden Beinen besuchen wir auch noch ein frühes Bauwerk von Antonio Gaudí in Comillas, das uns aber nicht so zu begeistern mag.

El Capricho de Gaudí, Comillas

Nach vielen Fahrtagen haben wir mal wieder etwas Ruhe nötig. Nähe Llanes finden wir einen abenteuerlich direkt entlang der Steilküste angelegten Zeltplatz wo wir ein Plätzchen mit bester Aussicht erhalten. Hier machen wir es uns wiedermal etwas länger bequem, waschen und schreiben endlich diese Zeilen. Galizien rückt näher, wir freuen uns, hoffen aber auf etwas besseres Wetter um auch die nahen Picos de Europa sehen und besuchen zu können.

Unser Zeltplatz mit Strandanschluss

Unsere Route

Die Suche nach dem Keincoronaland

Diese Reise wird anders. Das wussten wir von Anfang an. Zu unsicher die Coronaprognosen, zu unklar, wohin man überhaupt gehen kann.

Eigentlich wäre ja Schottland/Irland unser Ziel, schon im Jahre des Corona 2020 mussten wir diese Reise abblasen. Aktuell wäre es zwar möglich, dort einzureisen, doch würde es eine komplizierte, bis zu 10-tägige Quarantäne verlangen, zu der wir uns nicht durchringen konnten. Auch bleibt die Situation aktuell so unsicher, dass wir jederzeit damit rechnen müssten, irgendwo festzuhängen. Also .. wohin denn nun?

Matti studiert stundenlang die aktuellen Einreisebestimmungen in den umliegenden Ländern. Skandinavien ist (noch) entweder ganz zu oder mit Quarantäne belegt. Also packen wir unser altes, nie erreichtes Ziel wieder aus: Galizien.

Galizien. Die Nordwest-Ecke von Spanien. Am Atlantik gelegen und soll landschaftlich traumhaft sein. Und schlicht für ’normal-lange‘ Töff-Ferien zu weit weg. Die Länder in die Richtung haben glücklicherweise vor kurzem für Geimpfte oder Getestete aufgemacht. Mit einigem Aufwand müsste das möglich sein.

Gerade mal 36 Stunden nach Mattis Zweitimpfung (Barbara ist schon früher durchpiekst worden) und nach dem letzten (hofften wir, und sollten zum Glück Recht behalten) Fieberschub und gerade rechtzeitig zum Start des Sommers fahren wir also los. Die Töffs bis zuoberst gepackt und wir schwitzen schon brutalstens bei den ungewohnten 26°.

Doch wenn wir schon Zeit haben, wollen wir noch ein paar Bekannte und Verwandte besuchen, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Also geht die Reise zuerst ins Engadin wo wir bei Jann und Elsbeth unterkommen und einen schönen Abend zusammen geniessen können. Vielen Dank für die Gastfreundschaft!

Kurz noch je einen Schnelltest gemacht (den an der Grenze niemanden interessiert) und weiter über kleinste (Passo della Foppa) und kleine (Passo del Vivione) Pässe führt uns der Weg nun ins Bergamaskische zu Barbaras Cousinen und Tante. Wir werden herzlichst empfangen und verbringen dort zwei wundervolle Tage in liebevoller Gastfreundschaft und machen dank ortskundiger Führung wunderschöne Ausflüge. Auch euch allen herzlichsten Dank für die Gastfreundschaft!

Nun geht die Reise so richtig los. Doch erstmal will die heisse Po-Ebene durchquert werden. 37° messen wir in Piacenca und sind froh, endlich etwas Höhe zu gewinnen. Wir geniessen die ligurischen Voralpen und planen schon wieder unseren nächsten längeren Stopp vor der französischen Grenze. Denn für die dortige Einreise braucht Matti einen PCR-Test. Respektive kurz nachdem endlich einer gebucht werden konnte, doch nicht mehr, denn neuerdings reicht auch ein Schnelltest. Den eigentlich für das Warten auf das PCR-Resultat reservierten Tag füllen wir mit (mehr oder weniger per Zufall genau dann stattfindenden) Online-Konferenzen in einem wunderschönen B&B in den Hügeln hinter Savona. Frisch getestet interessiert es dann aber schliesslich niemanden bei der Einreise…

Im Tende-Tal die grosse Verwüstung. Das grosse Hochwasser im Herbst 2020 hatte grösste Schäden verursacht. Etliche Brücken waren eingestürzt und viele Abschnitte der Strasse abgerutscht. Selbst halbe Häuser standen noch am Ufer; die Möbel noch darin; es sah übel aus. Doch auch die Weiterfahrt über den geplanten Col de la Bonette wurde uns wegen einem kürzlichen Unwetter verwehrt, erst am Vorabend ging dort anscheinend ein Murgang nieder – die Strecke war bis auf weiteres vollständig gesperrt.

Dann halt weiter in die Verdon-Schlucht, die wir komplett umrundeten und die vielen schönen Aussichten (und feines Glacé) genossen. Begeistert geniessen wir die Ausblicke und die über uns kreisenden Geier und wollen uns gar nicht vorstellen, wie voll es hier im Sommer sein muss. Überrascht hat uns auch der nahe Lac de Sainte-Croix mit seinem azurblauen Wasser. Die Temperaturen um 30° sind inzwischen ganz normal – wie schnell man sich doch daran gewöhnt!

In unserer Familie ist keine Reise nach Frankreich komplett ohne ein Pflichtstopp in Pont-en-Royans. Im altbekannten Hotel die obligatorische Portion Ravioles und Forelle. Nun sollte das Wetter kippen. Für die nächsten Tage sind starke Regenfälle, Gewitter und Sturmböen angesagt, die auch die Schweiz treffen sollten. Kein gutes Töffwetter. Unsere Weiterfahrt passen wir dynamisch an und statt in die Auvergne gehts nun halt ans Mittelmehr hinunter. Das montierte Regenkombi erweist sich als überflüssig (und bald ziehen wir es ob der Hitze schnell wieder aus). Ziemlich trocken erreichen wir die Region um Arles wo wir uns auf einem kleinen Zeltplatz für zwei Nächte installieren. Und das hat seinen Grund.

Oh no, not again!

Das meiste Campingmaterial stammt eigentlich noch von der Skandinavienreise 2011. Trotz Generalprobe zuhause erweist sich mehr und mehr Material als angejährt. Schon beim ersten Zeltplatz explodiert ein Kissen. Kurz danach bricht eine Zeltstange, der Seidenschlafsack reisst, das zweite Kissen schliesst sich dem ersten an und eine Matte gibt ebenfalls irreparabel den Geist auf und Mattis Sonnenbrille bricht entzwei…

In Marseille gibt es zum Glück einen grösseren Outdoorshop, wo wir uns neu eindecken – ausser Mattis Brille, die muss warten. Hoffen wir, dass der Rest nun aber noch eine Weile hält …

Unsere Route